Steuer-Symposium in Berlin: Die deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen

Am Donnerstag, den 18.04.2013, lud die Bundesfinanzakademie in Berlin zum Steuer-Symposium „Die deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen“. Herr RA Sebastian Korts nahm als von der Bundesakademie eingeladener Gast an der Veranstaltung teil und hat den nachfolgenden Tagungsbericht verfasst.

 

Die Referenten aus dem Bundesfinanzministerium trugen unter anderem zu den Themen "Die Bedeutung von Doppelbesteuerungsabkommen für die internationale Steuerpolitik" und "Amtshilfe" vor. Im Rahmen der sich an die Referate anschließenden Diskussionen zwischen Vertretern der Finanzverwaltung und den Zuhöreren aus dem Bereich der Anwaltschaft/Steuerberaterschaft zeigten sich erhebliche Meinungsverschiedenheiten zu Kernfragen der deutschen Abkommenspolitik.

 

 

 

Vorgestellt wurde an diesem Tag das Konzept, mit welchen die deutsche Finanzverwaltung in die zukünftigen Verhandlungen zum Abschluss von Doppelbesteuerung eintreten möchte. Den Teilnehmern wurde das beiliegende Konzept sowie die Vortragsfolien der einzelnen Impulsreferate ausgehändigt.

 

Nachfolgenden sollen einzelne Aspekte als subjektiver Tagungsbericht nachgezeichnet werden. Soweit einzelnen Teilnehmern Zitate zugeordnet werden, reklamierte der Unterzeichner nicht unbedingt den exakt richtigen Wortlaut; es handelt sich lediglich um ein Gedächtnisprotokoll, welches hoffentlich die richtige Tendenz der Diskussion wiedergibt. Die Wiedergabe kann natürlich nicht vollständig sein, die Teilnehmer haben alle umfassender und differenzierter ihre Meinung vorgetragen hat der nachfolgende Berichtes zulässt.

 

Herr Koschyk eröffnet den Tag und  entschuldigte das Ausbleiben des Präsidenten der Bundesfinanzakademie, Herrn Christmann. Er begrüßte alle Teilnehmer und entschuldigte sich dafür dass auch er die Veranstaltung sogleich wieder verlassen werde, es finde heute im Bundestag eine namentliche Abstimmungen zu Zypernfrage statt.

Herr Kreienbaum führte mit seinem Referat „Die Bedeutung von Doppelbesteuerungsabkomen für die internationale SAteuerpolitik“ in die Problemstellung ein. Die Referate von Herrn Michael Wichmann „Unternehmensgewinne, Methodenartikel und flankierende Klauseln“ sowie von  Frau Katharina Becker „Quellensteuern: Dividenden, Zinsen und Lizenzen“ und von Herrn Dr. Wolfgang Lasars „Besonderheiten in Entwicklungsländern“ folgten.

Sodann wurde in die Podiumsdiskussion  unter Leitung von Herrn Kreienbaum eingetreten.

Herr Kreienbaum stellte die Frage, wie die Verankerung der  Vermeidung der doppelten Nichtbesteuerung in der Präambel zu bewerten sei.

Herr Dr. Gosch als Teilnehmer der Diskussionsrunde wurde zuerst befragt. Er verließ seinen Platz um am Rednerpult seine Position zu verdeutlichen. Es sei seine eigene und die Position des ersten Senates, dass zu einer derartigen Zielprojektion auszuführen sein, dass Steuerverkürzung von der Nichtbesteuerung zu unterscheiden sei. Die erste könne Teilmenge der anderen sein. Die doppelte Nichtbesteuerung jedoch unter die Steuerverkürzung zu subsumieren bezeichnete er als heikel. Es gebe ein eigenes Recht der verschiedenen Staaten zur Nichtbesteuerung. Zu bekämpfen seien allenfalls Missbrauchstatbestände. Doppelbesteuerungsabkommen schaffen kein Steuerrecht. Die Begründung der Finanzverwaltung gegenüber der Freistellungsklausel bezeichnete er als pure Rabulistik. Das Gebot der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit ergreift nicht die Freistellung. Dieses sei falsch. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz ist nicht der Maßstab der Beurteilung der  grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das sind zwei Paar Schuhe. Die Begründung der Finanzverwaltung hört sich gut an, letztlich handelt es sich aber nicht um Freistellung sondern um Anrechnung.

Herr Franke äußerte, ich kann unterstreichen, was ich bisher gehört habe. Wir brauchen jeweils nationale steuerliche Gleichstellungen um wettbewerbsfähig zu sein.

Herr Dr. Becherer äußerte, dass auch er die Differenzierung von Steuerverkürzung und Nichtbesteuerung sehe, er halte diese für unterschiedlich und er stimmt damit den Ausführungen von Herrn Gosch zu.

Herr Dr. Schön begrüßte die Vorlage der Verhandlungsgrundlage, die Diskussion darüber ist gut. Im Grundsatz ist es richtig in die Vermeidung der doppelten Nichtbesteuerung in die Präambel aufzunehmen. Im Detail halte es jedoch für problematisch. Die Präambel und der Text unterscheiden sich. Ihm stelle sich die Frage, wer denn besteuern solle; Freistellung bedeutet Freistellung. Die methodische Sauberkeit bleibe. Die Präambel verlangt im nationalen Recht eine Grundlage zur Verfolgung der Steuerverkürzung.

Herr Kreienbaum führte aus, dass es sich bei den  Paragraphen 22 f. des Papiers um technische Umschaltklauseln handele, das seien keine Missbrauchsklauseln.

Herr Wichmann führt aus, es ginge nicht um eine abstrakte Freistellung. Die Umschaltklauseln seien der Preis der Freistellungsklausel. Es gehe um real existierenden Freistellung.

Herr Eimermann führte aus, er verstehe die Geschäftsgrundlage der Freistellung so, dass der andere Staat zugesagt habe, er werde besteuern.

Herr Dr. Gosch, gerichtet an Wichann führte aus, er habe sehr große Bedenken.

Herr Dr. Lüdecke, nahm, nachdem ihm das Wort erteilt wurde umfangreich Stellung. Die Steuerverkürzung ist nicht gleichzustellen mit der doppelten Nichtbesteuerung. Die textliche Festlegung in der Präambel hilft nicht bei fehlendem tatsächlichen gesetzlichen Wortlaut.

Die OECD geht von Freistellung aus, auch wenn eine Besteuerung nicht stattfindet.

Er lobte die neu eingeführte Aktivitätsklausel, er fand sie gut. Zum einen ist sie keine Infektionsklausel mehr; zum anderen findet kein Verweis auf § 8 ASTG statt. Verweisungen sind grundsätzlich problematisch, da niemand wissen ob die dynamisch statisch wirken. Darüber hinaus unterscheide sich diese Aktivitätsklausel von der des § 8 ASTG bei der Frage der Mitwirkung für die Betriebsstätten. Eine unklare Anwendung sei allerdings im Hinblick auf den Vergleich zu Paragraph 20 ASTG vorprogrammiert.

Die Frage einer subject-to-tax Klausel stelle sich hier unter Beachtung des Wortlautes. Der Wortlaut hier ist ….. wenn tatsächlich besteuert… Herr Lüdecke wünscht sich hinsichtlich dieser Definition alsbald eine Klarstellung in einem BMF Schreiben, wobei er gleichzeitig darauf hinwies, dass dieses zu den Gesetzesmaterialien gehöre.

Er wies darauf hin, dass einen neuen Wortlaut nun Einkunfts-teile und Vermögens-teile Gegenstand der Betrachtung sein werden (Art 22 Abs. 1 e)bb)). Nach einer Vorstellung von einigen Beispielen wies er darauf hin, dass eine derartige Atomisierung ein kompletter Irrweg sein können.

Sein Vorschlag war dieses Subekt-to-tax Klausel aufzugeben. Er stellte in Schachteldividenden und deren zukünftige Behandlungsweise nach der neu vorgeschlagenen Regelung zur Diskussion und kann zu dem Urteil, es ist unsinnig diese der subjekt-to-tax Klausel  zu unterwerfen.

Er fragte weiter nach dem Sinn der Aktivitätsklausel beim Schachtelprivileg, was will man da bekämpfen?

Insgesamt bewertete er die neuen Klausel dahingehend, sie haben ein Overkill es bestehen keine Lücken aber viele Überschneidungen.

Herr Kreienbaum führte aus, bevor das Wort weitergab, es gebe möglicherweise ein Overlap, jedoch keinen Overkill.

Herr Wichmann führte aus. Es sei genau der Musterfall, nämlich die aktive Betriebsstätte mit Einkünften aus Finanzinstrumenten die in dem jeweiligen Land freigestellt wird, die bekämpft werden soll. (Kommunale Anleihen in den USA werden beispielsweise dort nicht besteuert)

Herr Franke ergänzte einige Aspekte zur Vermögensteuer.

Herr Dr. Schön schloss sich im Wesentlichen den Ausführungen von Herrn Lüdecke an.

Herr Dr. Gosch bekundete, er haue in dieselbe Kerbe. Er ergänzte, indem er auf die Substanzklausel  „angemessene Geschäftsausstattung“ (Art 22 Abs. 1 d)hinwies.

Herr Eimermann führte ein Beispiel der Nichtbesteuerung von USA-Dividenden an.

 

Herr Kreiebaum führte als neues Thema das Verständnis des Betriebsstättenbegriffes an.

Herr Franke wirft die Frage der Subunternehmer Betriebsstätte auf, eine Entwicklung die er bedauerlich fand und stellte die Verbindung zum AOA  her.

Herr Wichmann wies ebenfalls auf dieser Verbindung hin.

Herr Dr. Schön problematisiert die tatsächliche Entwicklung bei den internetbasierten Versendern. Diese haben allenfalls ein Auslieferungslager, welches nicht einmal eine Betriebsstätte darstellt. Die Worte Amazon und Google fielen in der Diskussion. Hier fallen keine Ertragsteuern an.

Herr Kreiebaum lenkte die Diskussion intensiver auf den AOA .

Herr Dr. Becherer fragte nach der Verortung der Regeln im Gesetz.

Herr Eimermann überlegte, ob diese in § 1 ASTG richtig aufgehoben seien.

 

Nach der Mittagspause wurde die Diskussion zur Zukunft der DBA neun aufgegriffen.

 

Herr Dr. Lüdecke führte aus, in Deutschland gebe es nur den Endverbraucher und im Regelfall nicht mal ein Auslieferungslager. Eine direkte Besteuerung scheide für diese Geschäftsvorfälle wohl aus.

Herr Wichmann ergänzte, dass selbst wenn man eine Betriebsstätte annehmen wollte, diese wohl ohne eine Funktion sein könnte. Er wies darauf hin, dass nach dem 1.1.2015 das Bestimmungslandprinzip gilt, so dass zumindest umsatzsteuerlich kein Ausfall mehr bestehe.

Frau Becker ergänzte in wie weit Lizenzzahlungen in den USA nicht steuerbar seien.

 

Das Referat zu den „Alterseinkünften“ wurde von Herrn Dr. Rolf Möhlenbrock gehalten.  Es wurde das Konzept der steuerlichen Förderung in der Ansparphase mit der nachgelagerten Besteuerung diskutiert. Ausgetauscht wurden in der Podiumsdiskussion u.a. die Überlegungen, dass eine Exit Tax beim Wegzug nicht in Betracht kommen.

 

Das Referat zur „Streitbeilegung“ von Herrn Manfred Naumann folgte sodann.

Herr Dr. Gosch stellte in der Podiumsdiskussion Fragen zur Transparenz des Verfahrens, zum rechtlichen Gehör und in wie weit die Verfahrensvorschriften justiziabel sind.

Herr  Dr. Lehner aus dem Zuhörerkreis fragte nach der Verortung dieser Rechtsgedanken im Gesetz. Er wies auf den Text des bisherigen Merkblatts hin und übte Kritik an dessen Wortlaut.

Das Referat „Amtshilfe“ von Herrn Ernst Czakert folge als letztes. In der anschließenden Podiumsdiskussion hierzu erfolgte ein Seitblick auf das FATCA Abkommen.

 

In einem Schlußwort betonte Herr Dr. Lüdecke dass er die steuerpolitische und steuertechnische Diskussion als „work in progress“  begreife. So gebe es von der in der Veranstaltung ausgeteilten Version wohl schon ein erstes Update. Er bat auch um die schnelle Veröffentlichung einer amtlicher Übersetzung in die englische Sprache, damit nicht zu viele selbst angefertigten Übersetzungen kursieren und noch mehr Unsicherheit hinterlassen. Herr Kreienbaum macht darauf aufmerksam, dass die Veröffentlichung schon heute im Internet zur Verfügung stehe werde und eine englische Version folge.

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