Bundesgerichtshof vereinfacht Bestrafung wegen Steuerhinterziehung

Mit einem am 14.03.2013 veröffentlichten Beschluss hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Bestrafung wegen Steuerhinterziehung „vereinfacht“. Nach Ansicht des BGH muss in Fällen des § 370 Abs. 1 Alt. 2 AO das konkrete Ausmaß/die Höhe der hinterzogenen Steuern nicht festgestellt werden, da es sich bei dieser Tatbestandsalternative („Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile“) um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt. Die Entscheidung kann erhebliche Auswirkungen auf die Strafverfolgung im Bereich der Steuerhinterziehung haben. Dass es sich um eine Grundsatzentscheidung handelt ist daran erkennbar, dass der Beschluss zur Veröffentlichung und Archivierung in den amtlichen Entscheidungssammlungen des BGH vorgesehen ist.

 

In dem vorliegenden Fall hatte der BGH über Tatalternative „Steuerhinterziehung durch Erlangung eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils“, § 370 Abs. 1 Alt. 2 AO, zu entscheiden. Die Angeklagten hatten durch verschiedene Handlungen für verschiedene Unternehmen falsche oder unrichtige steuerliche Angaben gemacht und dadurch (falsche) Feststellungsbescheide erlangt. Den Feststellungsbescheiden kam Bindungswirkung für entsprechende Folgebescheide zu. Die Feststellungs- und Bindungswirkung der Bescheide bezog sich auf zu niedrig festgesetzte Gewinne, unberechtigte Verlustvorträge und unberechtigt nicht verbrauchte Verlustvorträge. Das Gericht hat die Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, ohne dass es im Urteil konkret den Steuerschaden ermittelt oder dargelegt hätte. Dies hatten die Angeklagten in ihrer Revison beim BGH moniert und dabei auf die Rechtsprechung des Bundesversfassungsgerichts zur ähnlich gelagerten Problematik im Bereich Untreue und Betrug. Hinsichtlich dieser Vorschriften vertritt das Bundesverfassungsgericht die Ansicht, dass eine Bestrafung nur erfolgen darf, wenn die Höhe des Vermögensschadens festgestellt und beziffert werden kann.

Der BGH hat die Einwände der Angeklagten zurückgewiesen und erklärt, dass er die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht zur Konkretisierung des Betrugsvorwurfs nicht für auf § 370 Abs. 1 Alt. 2 AO anwendbar hält.

 

Diese Sichtweise erleichtert die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte enorm – während es die Verteidigung der Angeklagten erheblich erschwert. Durch die faktische Aufhebung des Konkretisierungserfordernis wird der Angeklagte im Unklaren über die mögliche Höhe der ihn erwartenden Strafe bzw. den Strafzumessungsgesichtspunkten des Gerichts gelassen. Damit wird ihm die Möglichkeit genommen, sich konkret zu diesen Punkten zu äußern, diese zu entkräften bzw. diesen entgegen zu treten.

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