Probleme der Erbschaftsteuerreform: Buchwertklauseln in Gesellschafterverträgen und Verschonung von Betriebsvermögen

1. Buchwertklauseln in Gesellschafterverträgen

Buchwertklauseln in Gesellschafterverträgen zur Berechnung der Abfindung für ausscheidende Gesellschafter führen aufgrund der in der Regel erheblich niedrigeren Buchwerte gegenüber dem wahren Wert eines Unternehmens zur einer im Verhältnis gesehen relativ geringen Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters. Für diesen Fall sieht die Erbschaftsteuerreform mit dem neuem § 7 Abs. 7 ErbStG eine Schenkungsteuer vor. Danach gilt als Schenkung auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft selbst, soweit der Wert, der sich für den Gesellschaftsanteil zum Zeitpunkt des Ausscheidens ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt.

Künftig wird daher in solchen Fällen das Finanzamt von den verbleibenden Gesellschaftern oder der Gesellschaft eine Schenkungsteuererklärung und ggf. auch die Zahlung von Schenkungsteuer verlangen. Da die Gesellschafter in der Regel nicht untereinander verwandt sind, sind auch die zu beachtenden Freibeträge eher gering, sodass die Entstehung tatsächlich abzuführender Schenkungsteuer wahrscheinlich ist. Die ggf. einschlägigen Privilegierungen der §§ 13a und b ErbStG sind jedoch zu beachten. Die für eine Schenkung normalerweise erforderliche Bereicherungsabsicht wird in diesen Fällen der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters gesetzlich unterstellt.

Hinsichtlich der Regelung des § 7 Abs. 7 ErbStG ist zu beachten, dass in Satz 2 dieser Vorschrift lediglich Bezug genommen wird auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, nicht jedoch auf die Aktiengesellschaft. So heißt es in Satz 2, dass die Werterhöhung der Anteile von verbleibenden Gesellschaftern, die bewirkt wird durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag einer GmbH, wonach der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden eingezogen wird und der sich bei der Bewertung des Anteils zum Zeitpunkt des Außcheidens ergebender Wert den dem Gesellschafter zustehenden Abfindungsanspruch übersteigt, als Schenkung des ausgeschiedenen Gesellschafters gilt. Da die Aktiengesellschaft in dieser Norm nicht genannt ist, muss davon ausgegangen werden, dass bei der Rechtsform der AG diese Steuer nicht ausgelöst wird. Der Gestaltungsansatz im Hinblick auf diese Frage müsste daher lauten, die GmbH in einer Aktiengesellschaft umzuwandeln. Ein weiterer Gestaltungsansatz könnte lauten, dass anstelle der Einziehung von Geschäftsanteilen die Satzung die Übertragung auf einen der verbleibenden Mitgesellschafter vorsehen sollte. Eine quotale Übertragung des Anteils des ausscheidenden Gesellschafters auf alle verbliebenen Mitgesellschafter wirkte jedoch wie eine Einziehung und sei daher im Hinblick auf das Entstehen von Schenkungsteuer schädlich. Nachzudenken wäre möglicherweise auch über entsprechende Widerrufsklauseln.

2. Verschonung von Betriebsvermögen

Das neue Erbschaftsteuerrecht schafft für Betriebsvermögen neue Verschonungstatbestände, §§ 13a und b ErbStG. Betriebsvermögen sind zukünftig mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Unter dem gemeinen Wert ist der bei einer Veräußerung erzielbare, objektivierte Preis zu verstehen. Für die Bewertung nichtnotierter Anteile stellt das Gesetz neben der Ableitung des Wertes anhand von Referenzverkäufen ein vereinfachtes Bewertungsverfahren zur Verfügung, §§ 199 ff. BeWG.

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Es handelt sich dabei um eine vergangenheitsbezogene Bewertungsmethode. Daneben weiterhin möglich sind selbstverständlich andere Bewertungen, die auch zukunftsbezogen sein können, wie z. B. Discounted-Cash-Flow-Verfahren oder IDW-Standard S1. Im Hinblick auf das vereinfachte Bewertungsverfahren nach dem Bewertungsgesetz wird man insbesondere bei mittelständischen Betrieben einen „wahren Wert“ ermitteln, der in der Regel um einiges höher liegt, als der tatsächliche Wert. Hier ergibt sich zunächst als Konsequenz für die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, dass nicht lediglich auf den „gemeinen Wert“ verwiesen werden sollte, wenn es darum geht, die Bewertungsmethode für Abfindungen etc. festzulegen. Es sollte in der Klausel konkret festgelegt werden, mit welchem Verfahren der Wert des Unternehmens ermittelt werden soll.

Hat man nun im Hinblick auf die Verschonungsregelungen und das Erfordernis, dass das Betriebsvermögen nicht mehr als 50 % Verwaltungsvermögen haben darf, die Bewertung nach dem vereinfachten Bewertungsverfahren des Bewertungsgesetzes vorgenommen, so wird der prozentuale Anteil des vorhandenen Verwaltungsvermögens im Verhältnis zu dem (überhöhten) Wert des Unternehmens niedriger ausfallen und möglicherweise unter der 50 %-Grenze liegen. In diesen Fällen würde die Verschonungsregelung für das Betriebsvermögen nicht an einem zu hohen Verwaltungsvermögensanteil scheitern. Sollte jedoch bei dieser Gestaltung im Erbfalle das Finanzamt der Ansicht sein, dass mit dem vereinfachten Bewertungsverfahren nicht der „wahre Wert“ des Unternehmens ermittelt wurde und deshalb selbst ein anderes Bewertungsverfahren, welches zu einem dem „wahren Wert“ näherliegenden Ergebnis kommt, so könnte dies im Endeffekt zur Folge haben, dass im Hinblick auf das Verwaltungsvermögen die 50 %-Grenze überschritten wird, sodass das hier ererbte Betriebsvermögen keinerlei Verschonung unterliegt und vollständig der Erbschaftsteuer zu unterwerfen ist. Hier besteht eine sehr hohe Unsicherheit im Vorfeld des Erbfalles, wenn geprüft werden soll, ob die Verschonungsregelung im Erbfalle eintreten wird oder nicht.

Eine weitere Falle findet sich bei der Frage der Mindestbeteiligung an einem Unternehmen. Eine Verschonung des Betriebsvermögens kommt nach § 13b Abs. 1 Ziffer 3 ErbStG dann nicht in Betracht, wenn der Erblasser am Nennkapital der vererbten Gesellschaft mit nicht mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war. Das Erreichen dieser Mindestbeteiligung kann jedoch durch die Poolung von mehreren kleinen Anteilen erreicht werden. Wenn nämlich die Stimmrechte einheitlich gegenüber anderen ausgeübt werden, so führt dies hinsichtlich dieser gepoolten Anteile, auch wenn sie unter 25 % liegen, zum Eingreifen der Verschonungsregelung. Bei Familiengesellschaften wird diese Konstellation möglicherweise eher anzutreffen sein. Jedoch muss beachtet werden, dass es den sogenannten „nicht gebundenen Gesellschafter“ geben muss, dem gegenüber das gepoolte Stimmrechts ausgeübt werden könnte. Ist in einer Familiengesellschaft ein solcher „nicht gebundener Gesellschafter“ nicht vorhanden, so kann die Ausnahmeregelung nicht eingreifen, da der Gesetzestext insoweit eindeutig ist. Es muss daher bei Familiengesellschaften ernsthaft überlegt werden, ob eine gewisse Minimalbeteiligung einem Familienfremden zu gewähren ist, um sich für den Erbfall das Eingreifen dieser Verschonungsregelung auch für die Geschäftsanteile, die weniger als 25 % betragen, zu sichern.

Darüber hinaus kann für die Herbeiführung von begünstigtem Vermögen im Hinblick auf die 50 %-Schwelle bei Verwaltungsvermögen auf das sogenannte Holding-Privileg zurück gegriffen werden. Verwaltungsvermögen von mehr als 50 % führt dazu, dass das gesamte Betriebsvermögen nicht von der Verschonungsregelung profitieren kann. Wird jedoch das Unternehmen in Form einer Holdingstruktur geführt, bei der das Verwaltungsvermögen in einer Tochtergesellschaft gebündelt wird und übersteigt der Wert der Tochtergesellschaft im Rahmen des Verbundes bei der Holding die 50 %-Grenze nicht , so ist das gesamte Vermögen verschont, auch wenn innerhalb der Tochtergesellschaft das Verwaltungsvermögen die Quote von 50 % übersteigt.

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