Steuerhinterziehung und Restschuldbefreiung
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- Erstellt am Donnerstag, 10. Mai 2012 10:35
Seit mehr als 10 Jahren bietet das deutsche Insolvenzrecht überschuldeten natürlichen Personen die Möglichkeit, sich im Rahmen eines besonderen Verfahrens von ihren Schulden zu befreien (Restschuldbefreiung). Während die Restschuldbefreiung im Grundsatz aktzeptiert ist, wird über die Frage, ob/welche Schulden ausnahmsweise nicht von der Restschuldbefreiung erfasst werden sollten, immer wieder gestritten. Ein Streitpunkt sind dabei insbesondere Steuerschulden, die aus Steuerhinterziehungstaten herrühren.
Nach einhelliger Meinung sind solche "Steuerhinterziehungsschulden" nicht von vornherein vom Restschuldbefreiungsverfahren ausgeschlossen. Es handelt sich nicht um sogenannte Deliktstaten im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO.
Allerdings wird (ebenso einhellig) die Ansicht vertreten, dass Steuerhinterziehungsschulden in den Anwendungsbereich des § 290 Abs. 1 InsO fallen können. Diese Vorschrift führt verschiedene Umständ auf, die zu einer (vollständigen) Versagung der Restschuldbefreiung führen können.
§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO besagt, dass die Restschuldbefreiung zu versagen ist, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag oder noch während des Insolvenzverfahrens vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um (…) Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) fallen unter diese Alternative auch Steuerhinterziehungstaten (zuletzt BGH-Urteil vom 13.10.2011, IX ZB 199/09).
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass es eine zeitliche Grenzen gibt (3 Jahre vor Antragstellung) und dass die Versagung einen gesonderten Antrages des betreffenden Schuldners (hier: Finanzamt) bedarf. Dass eine Steuerhinterziehung vorliegt, muss das Finanzamt gegenüber dem Insolvenzgericht glaubhaft machen.
Gerne überprüfen wir für Sie, ob Ihr Fall unter die Bestimmungen des § 290 Abs. 1 InsO fällt bzw. welche Handlungsalternative oder Argumentationsmöglichkeiten bestehen, um die Restschuldbefreiung zu erhalten.
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