EuGH-Generalanwalt: Doppelbestrafung wegen Steuervergehen im Grundsatz zulässig
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- Erstellt am Mittwoch, 13. Juni 2012 15:28
Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Herr Cruz Villalón hält die doppelte Sanktionierung von steuerlichen Vergehen für keinen Verstoß gegen das in der europäischen Menschenrechts-Charata (ERMK) Verbot der Doppelbestrafung (ne bis in idem). Zwar sei die doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat verboten.
Nach der Auslegung der EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg stehe diese Konvention einer verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Doppelbestrafung für ein und denselben Sachverhalt entgegen und schließe daher die Einleitung eines zweiten Verfahrens – sei es verwaltungsrechtlicher oder strafrechtlicher Art – aus, wenn die erste Sanktion bereits Bestandskraft erlangt habe.
Aber......
Das in der EMRK enthaltene Verbot der Doppelbestrafung sei jedoch von den Unterzeichnerstaaten der Konvention, zu denen mehrere Mitgliedstaaten der Union gehörten, nicht einstimmig angenommen worden. Einige Mitgliedstaaten der Union hätten dieses Verbot nämlich nicht ratifiziert bzw. Vorbehalte oder Auslegungserklärungen dazu abgegeben.
Unter diesen Umständen ist der Generalanwalt der Ansicht, dass die Pflicht zur Auslegung der Charta im Licht der EMRK nuanciert werden muss, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein in der EMRK verankertes Grundrecht (hier das Verbot einer verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Doppelbestrafung) nicht von allen Mitgliedstaaten der Union vollständig übernommen worden ist. In einem solchen Fall sei die EMRK für das Unionsrecht eine Quelle der Inspiration, und die Pflicht, das Schutzniveau der Charta dem der EMRK gleichzustellen, entbehre derselben Wirksamkeit.
Nach Ansicht des Generalanwalts ist dem Wortlaut der Charta nichts zu entnehmen, was zu dem Schluss veranlassen könnte, dass die Absicht bestanden hätte, ein kumulatives Zusammentreffen einer Verwaltungssanktion und einer Strafsanktion für ein und dasselbe Verhalten zu verbieten.
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