Noch kein Gesetz, aber eine bedenkliche Ausweitung der Wünsche der Strafverfolger
Unsere kritische Zusammenfassung der geplanten Änderungen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) und angrenzender Vorschriften gemäß dem Referentenentwurf (RefE) des Gesetzes zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung, wie es sich ganz ähnlich aus der Stellungnahme Nr. 35/2025 des Deutschen Anwaltvereins (DAV) vorbereitet durch den Ausschuss Strafrecht ergibt: 1. Erweiterte Ermittlungsbefugnisse der FKS (§§ 14 Abs. 4–6, § 16 Abs. 2, § 25 RefE SchwarzArbG) Die geplante Anbindung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) an den polizeilichen Informationsverbund und die damit verbundenen Möglichkeiten des automatisierten Datenabrufs durch die Zollverwaltung wird als unverhältnismäßiger Eingriff in Grundrechte gewertet. Der automatisierte Datenabgleich erinnert an eine Rasterfahndung, deren Zulässigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur in engen Grenzen besteht. Es fehlt eine hinreichende rechtliche Begründung für die Notwendigkeit dieser Eingriffsmaßnahmen. 2. Risikomanagement und Datenverarbeitung (§§ 24–25 SchwarzArbG RefE) Die Einführung eines zentralen Risikomanagements unter Federführung der Generalzolldirektion begründet ein weitreichendes Instrumentarium zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten auf unsicherer Rechtsgrundlage. Die vorgesehene Vermengung von Verwaltungs- und Strafverfolgungsaufgaben ist rechtsstaatlich höchst bedenklich. Insbesondere der risikobasierte Datenumgang lässt eine klare Zweckbindung und datenschutzrechtliche Legitimation vermissen. 3. Überschneidungen mit der Betriebsprüfung (§ 28p SGB IV) Die FKS erhält faktisch prüfungsähnliche Kompetenzen, die bislang ausschließlich der Deutschen Rentenversicherung vorbehalten waren. In der Praxis führt dies zu einem ungeregelten Nebeneinander von Verwaltungs- und Strafverfahren, was der Rechtssicherheit schadet. Die bestehende Unklarheit in der Abgrenzung von Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit wird dadurch nicht behoben, sondern weiter verschärft. 4. Eigenständige Ermittlungen durch die FKS (§ 14a–14c SchwarzArbG RefE) Die geplante Ausweitung der Ermittlungsbefugnisse auf die eigenständige Durchführung von Strafverfahren durch die FKS greift massiv in das verfassungsrechtlich abgesicherte Gewaltenteilungsprinzip ein. Die FKS wird faktisch zur Ermittlungs- und Anklagebehörde, obwohl sie dem Bundesministerium der Finanzen untersteht. Eine Trennung zwischen Verwaltung und Strafverfolgung wird zunehmend aufgehoben, was die Kontrolle rechtsstaatlicher Verfahren erschwert und Missbrauchspotenzial birgt. 5. Durchbrechung des Steuergeheimnisses (§ 31a AO RefE) Die geplante Erweiterung der Offenbarungsbefugnis nach § 31a AO auch außerhalb konkreter Strafverfahren – allein zur Unterstützung des Risikomanagements – stellt einen Systembruch des Steuergeheimnisses dar. Die Schwelle für den Zugriff auf besonders geschützte Daten wird gefährlich abgesenkt, womit das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung unterlaufen wird. 6. Änderungen im Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) Auch hier ist ein massiver Ausbau der Datenübermittlungspflichten an die Zollbehörden vorgesehen. Die FKS soll Zugriff auf sensible Plattformdaten erhalten – bereits im Vorfeld konkreter Ermittlungen. Dies verletzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da keine ausreichende rechtliche Rechtfertigung für den breiten Zugriff auf wirtschaftlich sensible Informationen gegeben ist. Zudem ist die Gesetzesformulierung teilweise unklar und fehleranfällig, was zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten führen kann. Fazit Die geplanten Neuregelungen weichen zentrale rechtsstaatliche Prinzipien auf: • Verletzung der Gewaltenteilung durch staatsanwaltsähnliche Ermittlungsrechte der FKS • Erosion des Datenschutzes durch automatisierten Datenzugriff und breiten Zugriff auf Steuerdaten • Unverhältnismäßige Ausweitung der behördlichen Befugnisse, insbesondere ohne hinreichende rechtsstaatliche Kontrolle • Mangelhafte gesetzliche Klarheit und unzureichende Evaluierungsgrundlagen Insgesamt erscheint der Referentenentwurf verfassungsrechtlich hoch bedenklich. Der Deutsche Anwaltverein fordert zu Recht eine grundlegende Überarbeitung der Vorschläge und insbesondere die Rückbesinnung auf das rechtsstaatliche Trennungsprinzip zwischen Verwaltung und Strafverfolgung. Die bisherige Tätigkeit als Steuerstrafverteidíger führt nicht zu der Überzeugung, dass mehr Kompetenz zu mehr Rechtsstaatlichkeit führt. Kontaktieren Sie uns für Verteidigung und BeratungSteuerrecht "aus dem Leben"
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