FG Münster: Finanzamt trägt bei Umsatzsteuerbetrug volle Beweislast
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- Erstellt am Freitag, 24. Januar 2014 11:31
Das Finanzgericht Münster hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes entschieden, dass bei der Frage der Verweigerung des Vorsteuerabzugs (wegen Einbeziehung in ein Umsatzsteuerkarussell) das Finanzamt die volle Beweislast dafür trägt, dass der Empfänger der Leistung wusste oder hätte wissen müssen, dass er in einen Umsatzsteuerbetrug verwickelt wird. Das FG Münster weicht damit zu Gunsten der Steuerpflichtigen von der bisherigen strengeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ab.
In dem vorliegenden Fall wollte das Finanzamt einem Autohaus den Vorsteuerabzug aus dem Ankauf von Pkw verweigern, da der Verkäufer die erhaltenen Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt hat. Das Finanzamt vertrat dabei den Standpunkt, dass dem Autohaus das Geschäftsgebaren des Verkäufers hätte verdächtig vorkommen müssen und das Autohaus deshalb eigene Ermittlungen/Erkundigungen über den Verkäufer hätte einholen müssen. Wäre dies erfolgt, so wäre z.B. aufgefallen, dass der Verkäufer nur eine "Briefkastenfirma" war, ohne richtigen Geschäftssitz/Geschäftsbetrieb in Deutschland.
Das Finanzamt wies diese Rechtsansicht des Finanzamtes zurück und übertrug die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshof zu Umsatzsteuerbetrügereien bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung auf den vorliegenden rein "nationalen" Sachverhalt. Danach gilt Folgendes:
"Für die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts trägt letztlich NICHT der Steuerpflichtige (so noch BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620; vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315), SONDERN das Finanzamt die objektive Feststellungslast und muss deshalb grundsätzlich konkrete Anhaltspunkte darlegen, die belegen, dass der Unternehmer von seiner Einbeziehung in einen USt-Betrug gewusst hat bzw. hätte wissen können oder wissen müssen.
Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer ist damit ENTGEGEN der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht verpflichtet, einen echten „Negativbeweis“ dahingehend zu führen, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden und / oder die Leistung hatte (vgl. auch Grube, MwStR 2013, 8; Stapperfend, UR 2013, 321)."
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