- Details
-
Erstellt am Mittwoch, 07. Februar 2018 16:19
Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 29.8.2017, VIII R 32/15, klargestellt, dass die Erben in voller Höhe für die Steuerschulden des Verstorbenen haften. Dies ist begründet in derm Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge. Der BFH hat weiter entschieden, dass die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf 10 Jahre im Fall einer Steuerhinterziehung durch den Erblasser für/gegen alle Miterben wirkt. "Die Eigenschaft einer Steuer, hinterzogen zu sein, haftet der Steuer als solcher an. Danach läuft gegen den Schuldner hinterzogener Steuern eine zehnjährige Festsetzungsfrist ohne Rücksicht darauf, ob er selbst oder ein Dritter die Steuer hinterzogen hat." Konsequenz dieser Sichtweise ist ferner, dass es unerheblich ist, ob und welcher Miterbe früher/später als die anderen Miterben Kenntnis von der Steuerhinterziehung erlangt hat.
- Details
-
Erstellt am Montag, 05. Februar 2018 13:58
Über Bundeszentralamt für Steuern in Bonn läuft verwaltungstechnisch der gesammte deutsche Auskunftsverkehr mit ausländischen Finanzbehörden. Sämtliche Rechtsstreitigkeiten bezüglich dieser Thematik landen daher vor dem örtlich zuständigen Finanzgericht Köln. Kürzlich hatte das FG Köln darüber zu entscheiden, ob die deutsche Finanzverwaltung sich mit den schwedischen Finanzbehörden über die Bewertung von Markenrechten austauschen darf (2 V 1055/17). Ein deutscher Steuerpflichtiger hatte Markenrechte "erworben" in dem der ursprüngliche (schwedische) Markenrechtsinhaber auf den Steuerpflichtigen verschmolzen wurde. Die deutsche Finanzverwaltung erlangt im Rahmen einer Bp. Kenntnis davon, dass die Marken beim vormaligen (schwedischen) Markenrechtsinhaber im Vergleich zur jetztigen (deutschen) Bilanzierung um mehrer Millionen Euro höher bewertet worden waren. Die Bp. beabsichtigte, diese Frage im Austausch mit den schwedischen Finanzbehörden aufzuklären - der deutsche Steuerpflichtige widersprach diesem Vorhaben und beantragte beim FG Köln die "Unterlassung" dieses Vorhabens. Der Antragsteller argumentierte, dass die (schwedische) Bewertung der Markenrechte für die deutsche Besteuerung unerheblich sei und auf der anderen Seite in Schweden für die betreffenden Jahre bereits bestandskräftige Steuerbescheide vorläge. Das FG Köln hat den Antrag zurückgewiesen und dem Finanzamt/Bp. recht gegeben: Nach dem deutschen EU-Amtshilfegesetz, welches die EU-AmtshilfeRichtlinie 2011/16/EU vom 11.3.2011 umsetzt, ist ein Informationsaustausch zulässig, wenn für die Auskunft für die Besteuerung in Deutschland „erforderlich“ oder „voraussichtlich erheblich“ ist. Nach Ansicht des FG Köln ist dies so zu verstehen, dass die Informationen "vernünftigerweise für bedeutsam gehalten werden können". Hierunter seien nicht nur direkte steuerliche Auswirkungen zu verstehen, sondern auch die Frage, ob den Angaben des Steuerpflichtigen im Allgemeinen geglaubt werden kann. An Letzterem könnte es fehlen, wenn der Steuerpflichtige (bzw. der auf ihn verschmolzene Rechtsvorgänger) in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Wertansätze angebe.
- Details
-
Erstellt am Montag, 29. Januar 2018 10:12
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 27.09.2017, II R 41/15, "ohne Vorankündigung" seine jahrelange Rechtsprechung zu einer wichtigen Frage im Gewerbesteuerrecht geändert: Wie sind Beteiligungs(quoten) an bzw. über Personengesellschaften zu berechnen? Seit 2001 vertrat der BFH in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass bei Beteiligungen an Personengesellschaften nicht die kapitalmäßige Beteiligung, sondern die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen (Beteiligung nach Köpfen) ausschlagebend ist. Diese Sichtweise bot erhebliche Möglichkeiten für steuergünstige Gestaltungen - weshalb der Gesetzgeber im Jahr 2013 den Absatz 3a in den § 1 GrEStG einführte, welcher nunmehr ausdrücklich auch bei Personengesellschaften auf die kapitalmäßige Beteiligung abstellt. Diese Neuregelung gilt jedoch nur für Fälle ab 2013. Der BFH will seinen geänderte Rechtsprechung jedoch auf alle noch offenen Fälle anwenden. Wobei allerdings noch zu beachten ist, dass ab dem Jahr 2013 BMF-Verwaltungsanweisungen bestehen, welche einen Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen begründen können.
- Details
-
Erstellt am Freitag, 19. Januar 2018 10:00
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7 Abs. 3 EStG a.F. den einschränkenden Vorgaben des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG unterliegt. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG dürfen Betriebsausgaben bzw. Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Ob ein unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand im Sinne der Vorschrift vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des BFH danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer - ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen - angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 245, 338, BStBl II 2014, 679, Rz 27). Danach sind bei der Angemessenheitsprüfung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall war von einer Einzelunternehmerin (ohne Angestellte) mit einem Jahresüberschuß von ca. EUR 120.000,-- der Ankauf dreier Pkw (Limonsine, Sportwagen und SUV) mit einem Gesamtpreis von fast EUR 1 Mio. geplant worden. Das FG hielt jedenfalls der geplanten Kauf der Limosine und des Sportwagens (Ferrari) für unangemessen. Der geplante Erwerb des (deutlich günstigeren) SUV wurde hingegen nicht bemängelt. Der BFH stimmt dem Urteil des FG zu und stellte dieser Gelegenheit klar, dass es sich bei der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG um eine allgemeinen Grundsatz handelt, der für alle Betriebsaufgaben und Aufwendungen. Das Urteil des BFH ist zur alten Rechtslage ergangen. FRAGLICH ist, ob die Ansicht des BFH auch für den ab dem VZ 2017 neu gefassten § 7g EStG gilt, da dieser den Investitionsabzugsbetrag auch dann gewährt, wenn der Steuerpflichtige noch keine konkretes Anschaffungsobjekt im Auge hat. Damit kann die Finanzverwaltung im Rahmen einer Prüfung auch keine Benennung verlangen - die Rechtsprechung des BFH würde damit ins Leere laufen.
- Details
-
Erstellt am Donnerstag, 21. Dezember 2017 10:02
Der Bundesfinanzhof hat die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für nicht entrichtete Einfuhrumsatzsteuer "verschärft" (Urteil vom 26.9.2017, VII R 40/16):
1. Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH beantragt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts bestellt, verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim gesetzlichen Vertreter der GmbH. Er wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter NICHT aus seiner Pflichtenstellung verdrängt und hat weiterhin dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden.
2. Ist für Einfuhrabgaben ein laufender Zahlungsaufschub gewährt worden, sind diese am Fälligkeitstag VORRANGIG ohne Rücksicht auf das Bestehen etwaiger anderer Zahlungsverpflichtungen zu entrichten. In diesem Fall ist daher auf die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für die Einfuhrabgaben der sog. Grundsatz der anteiligen Tilgung nicht anzuwenden.
- Details
-
Erstellt am Mittwoch, 20. Dezember 2017 15:12
Eer Bundesfinanzhof (BFH) hat am 24.10.2017 (VIII R 13/15) beschlossen, dass der insolvenzbedingte Ausfall einer privaten(!) Darlehensforderungen als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist. Der BFH begründet dies mit der Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009: "Mit der Einführung der Abgeltungsteuer im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) sollte eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. Dafür wurde die traditionelle quellentheoretische Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben." Die Entscheidung ist absolut bemerkenswert, da nach traditionellen Verständnis Verluste auf privater Vermögensebene nicht steuerlich anzuerkennen sind - auch der BFH hat diese Sichtweise bisher vertreten. Mit der neuen Entscheidung weicht er also bewußt von seiner bisherigen Rechtsansicht (allerdings zum alten Einkommensteuerrecht) ab. Die Finanzämter haben sich auch nach Einführung der Abgeltungssteuer auf diese Sichtweise berufen. In der steuerrechtlichen Literatur wurde diese Sichtweise jedoch immer stärker kritisiert, da das Finanzamt an Wertsteigerungen beim Verkauf einer Geldanlage/Forderung sehr wohl den erzielten Gewinn versteuern wollte. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH diese neue Rechtsprechung auch auf die Fälle des Forderungsverzichts und den Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft übertragen wird. Die Entscheidung dürfte auch Auswirkungen auf Darlehensvergaben von GmbH-Gesellschafter an ihre GmbH haben, da der BFH seit dem Juli 2017 solche Finanzierungshilfen nicht mehr im Rahmen des § 17 EStG als Anschaffungskosten/Auflösungsverluste anerkannen will.
- Details
-
Erstellt am Donnerstag, 14. Dezember 2017 12:10
Der Bundesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2017 das Bundesfinanzministerium (erneut) aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass die Finanzämter bei Verstößen gegen die Formvorschriften oder die Mitwirkungs- und Zahlungspflichten nach §§ 26a und 26b UStG Bußgelder festsetzen. Das Umsatzsteuergesetz sehe solche Bußgelder bei diesen Verstößen ausdrücklich vor, jedoch würden die Finanzämter diese Ordnungswidrigkeiten kaum bzw. rein faktisch überhaupt nicht ahnden. § 26a UStG sieht u.a. Bußgelder bis zu EUR 5.000,-- vor, wenn ein Rechnung nicht oder nicht rechtzeitig ausgestellt wird oder nicht aufbewahrt wird. § 26b UStG sieht ein Bußgeld bis EUR 50.000,--(fünfzigtausend!) vor, wenn die Umsatzsteuer nicht oder nicht vollständig zum Fälligkeitszeitpunkt an das Finanzamt abgeführt wird.
- Details
-
Erstellt am Donnerstag, 07. Dezember 2017 14:10
Ab dem 01.01.2018 ist das Finanzamt zur sogenannten Kassen-Nachschau berechtigt, § 146b AO. Die Kassen-Nachschau darf ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung durchgeführt werden. Die Finanzbeamten dürfen zu diesem Zweck die Geschäftsgrundstücke und -räume des Steuerpflichtigen betreten. Zweck der Kassen-Nachschau ist die Prüfung, ob der Steuerpflichtige seinen Aufzeichnungen und die Buchungen von Kasseneinnahmen/-ausgaben ordnungsgemäß führt. Damit einher geht die Verpflichtung des Geschäftsmanns, dem Prüfer auf Verlangen die entsprechende Aufzeichnungen/Bücher (soweit vorhanden in elektronischer Form) zur Prüfung vorzulegen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass jeder Geschäftsmann bereits seit dem 01.01.2017 gesetzlich verpflichtet ist, jeden Geschäftsvorfall EINZELN aufzuzeichnen (§ 146 Absatz 1 Satz 1 AO in der Fassung vom 22.12.2016). Diese Verpflichtung besteht nicht, "bei Verkauf von WAREN an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung"(§ 146 Absatz 1 Satz 2 AO,z.B. Kiosk etc.). Unternehmer, welches Dienstleistungen erbringen (z.B. Frisöre) fallen also nicht unter diese Ausnahmevorschrift. Schon bisher stellten Fehler oder Unregelmäßigkeit bei der Kassenführung ein "Einfallstor" für die Betriebsprüfung zur Verwerfung der Buchführung dar. Mit der Kassen-Nachschau, welche keiner Ankündigung bedarf, hat das Finanzamt einen weiteren Hebel zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten.
- Details
-
Erstellt am Montag, 04. Dezember 2017 10:47
Das Kammergericht Berlin hat kürzlich (Urteil vom 24.11.2016, (4) 121 Ss 169/16 (195/16)) zu der Frage Stellung genommen, ob eine strafbefreiende Selbstanzeige des neuen Geschäftsführers "automatisch" auch für den vormaligen Geschäftsführer Wirksamkeit entfaltet, während dessen Amtszeit es zu dem Verstoß gekommen ist. Das Kammergericht lehnt die Sichtweise einer automatische Wirksamkeit ab. Nach § 371 Absatz 1 und 4 AO entfalte eine strafbefreiende Selbstanzeige nur dann Wirksamkeit für einen Dritten (hier: den vormaligen Geschäftsführer), wenn die Selbstanzeige ausdrücklich (auch) in seinem Namen oder Auftrag erfolgt ist. Die Wirksamkeit von "auftragslosen" Selbstanzeigen ist nach Ansicht des Kammergerichts auf die Fälle des § 371 Absatz 4 AO beschränkt, dort werden jedoch nur die Fälle von Steuerhinterziehung aufgrund Verstoßes gegn § 153 AO erfaßt. Ein Geschäftsführer, der aus seinem Amt ausscheidet sollte sich also vorher vergewissern, ob er nicht noch vor dem Ausscheiden steuerliche Erklärungen korrigiert.
- Details
-
Erstellt am Mittwoch, 29. November 2017 10:58
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich bestätigt, dass ein Unternehmen nur unter engen Voraussetzungen bei einem Umsatzsteuerbetrug seines Geschäftspartners für die ausstehende Umsatzsteuer in Haftung genommen werden kann (Urteil vom 10.8.2017, V R 2/17). Im vorliegenden Fall wurde der Unternehmer vom Finanzamt nach § 25d UStG für ausstehende Umsatzsteuer in Haftung genommen: Der Unternehmer hatte Waren gekauft und bezahlt, jedoch hatte der Verkäufer die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt. Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Unternehmer dies hätte wissen können, da ihm bekannt war, dass die Steuerfahndung gegen den Verkäufer (wegen Umsatzsteuerhinterziehung in der Vergangenheit) Ermittlungen eingeleitet hatte. Der BFH hat in seiner Entscheidung klar gestellt, dass die Kenntnis über steuerstrafrechtliche Ermittlungen gegen den Geschäftspartner nicht automatisch dazu führt, dass der Unternehmer erhöhten Sorgfaltspflichten unterliegt.
- Details
-
Erstellt am Dienstag, 26. September 2017 09:22
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat kürzlich eine für Beschuldigte deutlich ungünstige Entscheidung getroffen (EGMR-urteil vom 03.03.2016 - 7215/10): Nach seiner Ansicht ist es zulässig, dass bei rechtswidrigen(!) Durchsuchungen zufällig aufgefundene Beweise in einem Strafverfahren verwertet werden dürfen. In dem vorliegenden Fall war der Betroffene verdächtig worden, über das Internet gefälschte Uhren zu verkaufen. Das Amtsgericht erließ einen entsprechenden Durchsuchungsbeschluss. Bei der Durchsuchung wurden keine gefälschten Uhren gefunden, jedoch wurden zufällig ca. 450 Gramm an Haschisch gefunden. Später stellten verschiedene Gerichte fest, dass der Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig war und hoben den Durchsuchungsbeschluss auf. Allerdings wurde der Betroffene wegen des Besitzes des Haschisch angeklagt und verurteilt. Die deutschen Gerichten urteilten, dass es zulässig sei, das bei der rechtswidrigen Durchsuchung aufgefunden Haschisch als Beweis zu verwenden, da das öffentliche Interesse an einer Verfolgung und Bestrafung von Betäubungsmittelstraftaten höheres Gewicht habe, als das Grundrecht(!) des Betroffenen auf Schutz der Unverletzlichkeit seiner Wohnung (Art. 13 GG). Nachdem auch das Bundesverfassungsgericht die Einwände des Betroffenen zurückgewiesen hatte, wandte sich dieser an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der EGMR zog sich auf den Standpunkt zurück, dass es in erster Linie eine Angelegenheit der nationalen Gerichte sei, über die Verwertung von Beweismitteln zu entscheiden. Der EGMR würde in diesen Fällen nur "einschreiten", wenn sich das deutsche Gerichtsverfahren als "unfair" erweisen würde. Da der Betroffene jedoch in dem deutschen Verfahren die Möglichkeit gehabt habe (und auch mehrfach ergriffen habe), der Verwertung des Beweises zu widersprechen, sei das (Gerichts)Verfahren in Deutschland fair gewesen. Die Entscheidung des EGMR ist bedauerlich und zu kritisieren. Die Entscheidung höhlt das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung faktisch aus, da selbst bei einer rechtswidrigen Durchsuchung die Behörden die Strafverfolgung weiterbetreiben können, als sei nichts geschehen.
- Details
-
Erstellt am Dienstag, 07. Februar 2017 15:49
Wer ausgelassen Karneval feiern möchte, ist im Rheinland bekanntlich bestens aufgehoben. An jeder Ecke wird geschunkelt, gefeiert und gelacht. Veranstalter von Karnevalsfeiern, die ihren Gästen nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent abnehmen, müssen allerdings aufpassen. Denn dann spielt das Finanzamt möglicherweise nicht mit. Und auch der Bundesfinanzhof (BFH) zeigte den Narren nun mitten in der heißen Phase der Session die lange Nase. Am 7. Februar 2017 entschieden die obersten Finanzrichter, dass der ermäßigte Steuersatz nur rechtmäßig sei, wenn die Veranstaltung genug Elemente der traditionellen Brauchtumspflege enthalte (Az.: V R 53/15). Und nicht jede Party sei automatisch Brauchtum.
Anlass für die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist ein Kostümball, den ein eingetragener Karnevalsverein seit 1978 in Bergisch-Gladbach unter dem Titel „Nacht der Nächte“ feiert. Die Feier vereint sicher viele Elemente des typischen Karnevals. Die Gäste sind durch die Bank kostümiert, das Dreigestirn gibt sich die Ehre und zu Karnevalsmusik von Live-Bands oder vom DJ wird ausgelassen gefeiert. Der veranstaltende Verein, der sich u.a. die Pflege des karnevalistischen Brauchtums auf die Fahnen geschrieben hatte, sah sich hier ganz in der närrischen Tradition und verlangte nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent statt des Regelsteuersatzes von 19 Prozent.
Da verstand das zuständige Finanzamt keinen Spaß. Es sah die Voraussetzungen für den ermäßigten Steuersatz nicht erfüllt. Nüchtern ausgedrückt sei die „Nacht der Nächte“ dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen und müsse mit 19 Prozent besteuert werden. Die Narren sahen das naturgemäß anders und die rechtliche Auseinandersetzung musste nun vom BFH entschieden werden.
Der steckte nun enge Grenzen für die ausreichende Brauchtumspflege und die damit einhergehende Steuervergünstigung. Bunte Kostüme, Tänze und Musik reichten dazu jedenfalls nicht aus. Außerdem gebe es auch kommerzielle Veranstalter von Karnevalspartys, die auch nicht den ermäßigten Steuersatz beanspruchen können.
„Für die Veranstalter wird der Grat zwischen traditioneller Brauchtumspflege und einer zeitgemäßen Veranstaltung, die ausreichend Publikum anzieht, durch diese Entscheidung noch schmaler. Im Zweifelsfall sollte zuvor fachliche steuerliche Expertise eingeholt werden, bevor es unangenehme Post vom Finanzamt gibt“, sagt der Kölner Rechtsanwalt Sebastian Korts, Fachanwalt für Steuerrecht.