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Erstellt am Mittwoch, 17. Dezember 2014 13:51
Das Bundesverfassungsgericht hat am 17.12.2014 Teile des Erbschaftsteuer‑ und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für verfassungswidrig erklärt. Was bedeutet die Entscheidung im Detail:
Technisch bleibt es bei der Anwendbarkeit der gegenwärtigen
Gesetzeslage, soweit nicht der Gesetzgeber bis zum 30. Juni 2016 eine
Neuregelung trifft. Die Fortgeltung und der verfassungswidrigen Normen
begründet jedoch keinen Vertrauensschutz gegenüber einer bis zur
Urteilsverkündung rückwirkenden Neuregelung, die einer exzessiven
Ausnutzung der gleichheitswidrigen §§ 13a, 13b ErbStG die Anerkennung
versagt.
Inhaltlich wurden die Befreiungsnormen für Betriebsvermögen der §§
13a, 13b ErbStG und die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG für
verfassungswidrig erklärt.
Das Bundesverfassungsericht hält die grundsätzliche Zielrichtung des
Gesetzgebers, produktives Vermögen in Unternehmen zu befreien, um den
Bestand des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze durch steuerbedingte
Liquiditätsprobleme nicht zu gefährden, für richtig. Es weist weiter
darauf hin, dass kleine und mittlere Unternehmen, in denen ein
besonderer personaler Bezug des Erblassers oder des Erben zum
Unternehmen besteht, steuerlich begünstigt werden können. Darüber
hinaus gehende große Vermögen können ohne eine Bedürfnisprüfung
zukünftig wohl nicht in die Privilegierung betrieblichen Vermögens
gelangen.
Das Bundesverfassungsgericht weist darauf hin, dass das Steuerrecht
nicht nur Fiskalcharakter hat, sondern auch als Lenkungsnorm
außersteuerliche Förderziele verfolgen darf. Bei diesen
außersteuerlichen Zielen hat der Gesetzgeber einen großen Spielraum,
der im Rahmen des grundgesetzlichen Gleichheitssatzes vom
Bundesverfassungsgericht überprüft werden darf. Dies führt zu der
Aussage, dass Verschonungsregelungen grundsätzlich möglich sind. Diese
sind jedoch am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen.
Die Ungleichbehandlung in der gegenwärtigen Gesetzeslage sei wegen der
Höhe der steuerbefreiten Beträge bei der Privilegierung betrieblichen
Vermögens bei großen Vermögen ohne Bedürfnisprüfung zu sehen.
Im Einzelnen unbeanstandet bleiben bei der gegenwärtigen Gesetzeslage
die Ausgestaltung der Festlegung der begünstigten Vermögensarten, die
Mindestbeteiligungsquote von 25 % bei Kapitalgesellschaften und die
Begünstigung von Anteilen an Personengesellschaften.
Auch die Lohnsummenregelung ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar,
nicht jedoch die Freistellung von Betrieben mit nicht mehr als 20
Beschäftigten; hier spricht das Bundesverfassungsgericht von Betrieben
mit maximal einigen wenigen Beschäftigten.
Unbeanstandet bleibt die Behaltensfrist von fünf oder sieben Jahren.
Verfassungswidrig sei die Typisierung, die eine
Verwaltungsvermögensgrenze von 50 % vorsieht. Das
Bundesverfassungsgericht macht darauf aufmerksam, dass bereits an
anderer Stelle des Gesetzes eine Typisierung auf 15 % durchgeführt wird.
Insgesamt führen die bei der gegenwärtigen Gesetzeslage enthaltenen
Gestaltungsmöglichkeiten zu einer Verfassungswidrigkeit. Angeprangert
werden Umgestaltungen, welche die Lohnsummenpflicht durch
Betriebsaufspaltung umgehen, welche die 50-%-Regel in
Konzernstrukturen nutzen und bei sogenannten Cash-Gesellschaften.
Gestaltend kann also gegenwärtig noch die Befreiungsregelung der §§
13a, 13b ErbstG für kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler
Verantwortung liegen, in Anspruch genommen werden. Ob nun hierbei die
Voraussetzungen der maximalen 50-%-Quote des Verwaltungsvermögens
unter dem Gesichtspunkt der Versagung der Anerkennung durch exzessive
Ausnutzung einer zusätzlichen Betrachtung bedarf, ist allein nach der
Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht sicher zu
entscheiden.