Der gläserne Steuerpflichtige: Finanzamt darf Arbeitsamt Informationen geben
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- Erstellt am Montag, 05. November 2007 11:11
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 04.10.2007 (Az.: VII B 110/07) zu § 31a Abs. 1 Nr. 1 Lit. b) bb) AO entschieden, dass das Finanzamt berechtigt ist, von sich aus/unverlangt dem Arbeitsamt (korrekt: Bundesagentur für Arbeit) Mitteilung über Einkünfte eines Beziehers von Arbeitslosengeld zu machen - auch wenn das Finanzamt die Erkenntnisse im Rahmen einer Betriebsprüfung erlangt hat, bei welcher der Bezieher zur Mitwirkungverpflichtet ist. Nach Ansicht des BFH verletzt das Finanzamt damit nicht dasSteuergeheimnis bzw. das Grundrecht auf informationelle Selbsbestimmung. Mit Hilfe der Angaben kann das Arbeitsamt überprüfen, ob das Arbeitslosengeld eventuell zu Unrecht gezahlt worden ist bzw. ob der Bezieher der Leistung bei seiner Antragsstellung unrichtige Angaben zu seinen Einkünften gemacht hat. Zwar ist die Bekämpfung des Mißbrauchs von Sozialleistungen ein anerkennenswertes Ziel, jedoch ist das Steuergeheimnis ein ebenso bedeutendes Rechtsgut, welches nur unter engen Voraussetzungen eingeschränkt werden sollte. Insofern ist die Entscheidung des BFH von Bedeutung, als dass dieser ausdrücklich feststellt, dass die Offenbarung der durch das Steuergeheimnis geschützten Informationen nicht voraussetzt, dass das Finanzamt festgestellt hat, dass ein Mißbrauch vorliegt oder ein Vorliegen wahrscheinlich ist - ausreichend ist vielmehr, dass die Erkenntnisse für die Durchführung eines arbeitsamtlichen Prüfungsverfahrens geeignet sind. Mit dieser Interpretation der einschlägigen Vorschrift dürfte fast jede Erkenntnis des Finanzamtes über (sonstige) Einkünfte eines Beziehers von Arbeitslosengeld mitteilungswürdig sein - praktisch gilt damit für Bezieher von Unterstützungsleistungen das Steuergeheimnis nicht mehr.
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