BFH: In dubio pro reo bei Steuerhinterziehung
Zum wiederholten Male hat der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 26.11.2020 einer weit verbreiteten (Laien-)Ansicht eine Absage erteilt: Im Besteuerungsverfahren führt das Vorliegen einer Steuerhinterziehung im Sinne § 370 AO dazu, dass Steuerbescheide für weit zurückliegende Jahre zu Ungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden können. "Steuerhinterziehung" ist jedoch ein strafrechtlicher Vorgang und daher hat auch im STEUERverfahren die Prüfung ob eine Steuerhinterziehung vorliegt im Grundsatz nach STRAFrechtlichen Prinzipien zu erfolgen. Eine Steuerhinterziehung setzt immer auch einen Vorsatz auf Seiten des Steuerpflichtigen voraus, also eine subjektive Seite. Sehr verbreitet ist unter Steuerpflichtigen die Ansicht, dass ein Gericht aber überhaupt nicht feststellen könne, wie zu dem damaligen Zeitpunkt die Gedankenwelt des Steuerpflichtigen ausgesehen habe bzw. das Gericht könne dem Steuerpflichtigen nicht widerlegen, dass er sich keine Vorstellung gemacht habe, keine böse Absicht hatte etc. Das Gericht müsse dem Steuerpflichtigen seine "Geschichte" glauben, den nur er wisse, was er damals gedacht habe und damit scheide in letzter Konsequenz eine "Verurteilung" wegen Steuerhinterziehung aus. Diese Sichtweise ist leider falsch: Das Finanzgericht muss dem Steuerpflichtigen nicht seine "Geschichte" glauben, sondern kann sich aufgrund der sonstigen bekannten Umstände eine andere Meinung bilden. Natürlich muss das Gericht seine Meinung stichhaltig begründen. Auch für das Finanzgericht gilt der "strafprozessuale" Grundsatz "in dubio pro reo". Aber auch dessen Bedeutung wird (von Laien) überschätzt: Der Grundsatz gilt nur, wenn das Finanzgericht überhaupt (noch) Zweifel hat; ist das Gericht hingegen vollkommen überzeugt, so greift der Grundsatz nicht!Geldwäschestrafbarkeit massiv ausgeweitet
Der Bundestag hat 11.02.2021 eine Änderung des Geldwäscheparagraphen § 261 StGB beschlossen. Damit einher ging eine Änderung der Bestimmung über die Einziehung von Vermögen. Die Änderungen sind äußerst weitreichend: Erfasste die Geldwäsche bisher nur bestimmte (schwere) Vortaten, so kann nun jede rechtswidrige Tat eine taugliche Vortat darstellen (all crime Ansatz). Für die Zukunft heißt dies: Wer leichtfertig die Augen davor verschließt, dass sein Vertragspartner ihm Gegenstände aus einer rechtwidrigen Tat zum Kauf anbietet oder mit entsprechendem Geld ein Geschäft abschließen will macht sich selber strafbar. Damit einher geht die Gefahr, dass die Vermögenswerte "entschädigungslos" eingezogen werden. Vor der Abstimmung des Bundestages wurde von Rechtsanwälten und Professoren vor den Gefahren einer solchen "uferlosen" Bestimmung gewarnt, der Bundestag hat sich hiervon jedoch nicht umstimmen lassen.Steuerschulden und Restschuldbefreiung
Der Bundesgerichtshof hält sich bei der Thematik Steuerschulden aus Steuerstraftaten versus Restschuldbefreiung streng an die Linie des Gesetzgebers: Nach § 302 Nr. 1 Fall 3 Insolvenzordnung sind (Steuer)Schulden, welche mit Steuerstraftaten in Verbindung stehen, von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Nach BGH gilt dies auch, wenn die Steuerstraftaten nach einer gewisser Zeit aus dem Bundeszentralregister (BZR) gelöscht werden oder gelöscht werden müssen. Nach Ansicht des BGH ist die Löschung unerheblich für die insolvenzrechtlichen Tatsache, dass die Schulden aus einer Steuerhinterziehung herrühren. Dies gilt nicht nur für die Steuerforderung selbst, sondern auch für steuerliche Nebenfolgen (Zinsen und Säumniszuschlägen). Der BGH hält dies auch mit höherrangigem EU-Recht für vereinbart, da die entsprechende EU-Richtlinie solche Ausnahmen zulässt.Neuregelung: Verjährung der Steuerhinterziehung? NIE!
Im Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber die Verjährung von Steuerstraftaten mal wieder neu geregelt. Vereinfacht ausgedrückt: Mord und Steuerhinterziehung verjähren nie!Weiterlesen: Neuregelung: Verjährung der Steuerhinterziehung? NIE!
Limited (Ltd.) nach Brexit: Haftungsgefahr für Gesellschafter
Zum 01.0.2021 ist das United Kingdom aus der EU ausgeschieden. Trotz des Abschlusses eines Handelsabkommens in letzter Minute, kommt es in manchen Bereichen zu einem "harten" Brexit - so zum Beispiel im Gesellschaftsrecht. Die gegenseitige "Anerkennung" von im Ausland gegründeten Gesellschaften findet im Verhältnis zu UK nicht mehr statt. Diese betrifft insbesondere die britischen Limited (Ltd.), *private company limited by shares*. Diese Gesellschaften wurden vor dem Brexit in Deutschland "anerkannt", auch wenn sie ihre Verwaltungssitz in Deutschland inne hatten. Nunmehr werden Ltd. die ihren Verwaltungssitz (=Ort der Geschäftsleitung) in Deutschland inne haben nicht mehr anerkannt, sondern als Einzelunternehmen oder BGB-Gesellschaft bzw. OHG eingestuft! Das heißt, dass die Gesellschafter nunmehr persönlich haften. Da in der Verhandlungen zwischen der EU und UK keinerlei Vertrauensschutzregelung vereinbart wurde, gilt diese neue Sichtweise auch für Ltd. die sich bereits vor dem 01.01.2021 in Deutschland befanden! Es ist auch unerheblich, ob die Ltd. (als Zweigniederlassung) in einem deutschen Handelsregister eingetragen ist. Gesellschafter einer Ltd. sollten sich daher umgehend um eine Beratung durch einen Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bemühen, um ihre Ltd. umzuwandeln.Weitere Beiträge...
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