Bundesverfassungsgericht: Finanzämter dürfen sich in bestimmten Fällen über Verjährung hinwegsetzen
- Details
- Erstellt am Freitag, 17. Juli 2009 15:07
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass es nicht gegen das Grundgesetz verstößt, wenn sich Finanzämter in bestimmten Fällen über Verjährungsvorschriften hinwegsetzen. Bereits das höchste deutsche Finanzgericht, der Bundesfinanzhof (BFH), hatte diese Rechtsansicht in der Vergangenheit vertreten.
Ein Steuerpflichtiger erachtete dies als einen Verstoß gegen das sich aus Art. 20 GG ergebenen Prinzip des Vertrauensschutzes und des sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebene Garantie des effektiven Rechtsschutzes.
Hintergrund:
Grundlagenbescheide stellen bestimmte steuerliche Sachverhalte fest. Diese Feststellung müssen durch sogenannte Folgebescheide umgesetzt werden. Versäumt das Finanzamt jedoch die *Umsetzungsfrist*, so darf die Umsetzung nicht mehr erfolgen (§ 171 Abs. 10 AO).
Im hier vorliegenden Fall war die Umsetzungsfrist abgelaufen, das Finanzamt wollte jedoch trotzdem die *Feststellungen* zu Ungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigen. Das Finanzamt bediente sich zu diesem Zweck einer sogenannten Korrekturvorschrift (§ 177 AO), welche *eigentlich* nur vorsieht, dass bei einer Änderung eines Steuerbescheides alle bis zu diesem Zeitpunkt erkannten Fehler mit berücksichtigt werden dürfen. Der Streit war nun, ob sich diese Korrekturmöglichkeit auch auf Feststellungen erstrecken darf, die *eigentlich* schon verjährt sind. Nachdem schon der BFH dies bejaht hatte, konnte auch das BVerfG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Hinderungsgründe erkennen.
Das Urteil eröffnet den Finanzämter eine neue Möglichkeit zu Abänderung eigentlich bereits verjährter Steuerzeiträume.
Steuerrecht "aus dem Leben"
Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
- Steuerstrafrechts
- Internationalen Steurrechts
- Steuerstrafrechts in Wirtschaftsdelikten
- Steuerstrafrechts im Bereich der Prostitution
zusammengestellt.
Suche
Meistgelesen Beiträge
- Steuer-Symposium in Berlin: Die deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen
- BGH: 10jährige Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung auch "rückwirkend" anwendbar
- Steueroasen-CD: Deutschland bekommt nun doch die Daten
- Steuerfahndung NRW: 200 "Schweiz"-Selbstanzeigen im Monat
- Bankgeheimnis: Liechtenstein knickt ein
Die neuesten Beiträge
- Beschlagnahme von Steuer- und Geschäftsunterlagen
- Insolvenz der Baufirma: Vorschuss weg?
- Cum-Ex-Verfahren: Über 10 Jahre Haft
- GmbH: Gesellschafterverrechnungskonto als verdeckte Gewinnausschüttung
- Insolvenzhaftung des ehemaligen GmbH-Geschäftsführers
- Coronahilfen/Überbrückungshilfen und Subventionsbetrug
- Gesellschafter-Geschäftsführer und Sozialversicherung
- Verjährung im Steuer(straf)verfahren--Prüfungspflicht des Finanzgerichts
- BFH: Alte elektr. Kasse berechtigt nicht immer zur Schätzung
- Auskünfte über ausländische Konten verfassungsgemäß
- Keine vGA bei unklaren Einzahlungen des GmbH-Geschäftsführers
- Cum Ex erneut vor Verfassungsgericht
- NRW: Zentrale Steuerfahndungsbehörde nimmt Arbeit auf
- Internationales Steuerstrafrecht - Festschriftsbeitrag für Prof. Dr. Frotscher
- BGH: Vermögensabschöpfung auch bei verjährten Straftaten