EuGH: Gewinnzurechnung bei nicht fremdüblichen Geschäften zwischen verbundenen Gesellschaften
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer „Grundsatzentscheidung“ vom 31.05.2018 (C-382/16, Hornbach-Baumarkt) die deutsche Regelung des § 1 Außensteuergesetz (AStG) für rechtmäßig erachtet: § 1 AStG erlaubt der Finanzverwaltung die Hinzurechnung von Erträgen, wenn bei Geschäften zwischen deutschen und ausländischen nahestehenden Personen/Gesellschaften der Fremdvergleichsgrundsatz nicht eingehalten wird. Der EuGH hält diese Regelung zwar für eine Beschränkung der EU-Niederlassungsfreiheit, jedoch sei diese Beschränkung gerechtfertigt, da die Regelung den Zweck verfolgt, eine ausgewogene Verteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren. Der EuGH gibt in der Entscheidung allerdings zu bedenken, dass ein nicht fremdübliches Geschäft zwischen nahestehenden Personen jedoch gerechtfertigt sein kann, wenn es sich gerade aus der (wirtschaftlichen) Verflechtung der Gesellschaften ergibt. So kann es gerechtfertigt sein, dass eine (inländische) Muttergesellschaft eine Haftungs-/Patronatserklärung für eine (ausländische) Tochtergesellschaft abgibt, ohne hierfür von der Tochtergesellschaft ein Entgelt zu erhalten.BFH: Verzinsung von Steuerschulden ab 2015 verfassungswidrig
Der Bundesfinanzhof hat in einer am 14.05.2018 veröffentlichten Entscheidung mitgeteilt, dass er die gesetzliche festgelegte Verzinsung von Steuerschulden in einer Höhe von 0,5% pro Monat (6% p.a.) ab dem Jahre 2015 für verfassungswidrig hält: Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im ab 2015 bis 2017 ein niedriges Marktzinsniveaus strukturell und nachhaltig verfestigt habe. Aufgrund des Fortschritts in der elektronischen Datenverarbeitung sei es der Finanzverwaltung zwischenzeitlich möglich, den Zinssatz an den aktuellen Marktzins oder den Basiszinssatz im Sinne § 247 BGB anzupassen.Rechtswidriger Übergang von USt-Nachschau zur USt-Sonderprüfung
Das FG Hamburg hat mit Urteil vom 09.01.2018 festgestellt, dass das Finanzamt nicht „ohne weiteres“ von einer USt-Nachschau zu einer USt-Sonderprüfung übergehen kann. Zwar kann das FA nach § 27b UStG jederzeit eine USt-Nachschau durchführen und nach § 27b Absatz 3 Satz 1 UStG zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergehen, jedoch verlangt das Gesetz, dass „die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben“ müssen. In dem vorliegenden Fall waren dem FA bereits vor der USt-Nachschau Verdachtsmomente bekannt, diese konnten aber aufgrund der USt-Nachschau nicht weiter verifiziert werden, weshalb die Prüferin im Termin sogleich zur USt-Sonderprüfung überging und sich die Daten des Kassensystems (für Zeiträume welche NICHT von der USt-Nachschau betroffen waren) aushändigen ließ. Erst nach Auswertung dieser Daten konnte der Verdacht gegen den Steuerpflichtigen erhärtet werden. Das FG Hamburg hielt den Übergang zu der USt-Sonderprüfung für rechtswidrig, da die Feststellungen bei der USt-Nachschau den bestehenden Verdacht gerade NICHT erhärtet hatten. Aus Sicht des FG Hamburg handelte es sich bei der USt-Nachschau um eine vorgeschobene Außenprüfung (ohne vorherige Ankündigung).Internationaler Informationsaustausch: Finanzamt muss Steuerpflichtigen (nur) bei konkreter Verwendung über Daten aus dem Ausland informieren
Über das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn läuft verwaltungstechnisch der gesamte deutsche Auskunftsverkehr mit ausländischen Finanzbehörden. Sämtliche Rechtsstreitigkeiten bezüglich dieser Thematik landen daher vor dem örtlich zuständigen Finanzgericht Köln. Das FG Köln hat kürzlich entschieden, dass ein Finanzamt nicht verpflichtet ist, den Steuerpflichtigen über die Daten zu informieren, welche eine ausländische Finanzverwaltung den deutschen Steuerbehörden im Rahmen des Informationsaustausches zur Verfügung gestellt hat. Nach Ansicht des FG Köln hat der Steuerpflichtige zwar nach § 19 Absatz 1 BDSG ein Recht über die Speicherung der ihn betreffenden Daten informiert zu werden, allerdings sehe § 19 Absatz 4 Nr. 1 BDSG ein Auskunftsverweigerungsrecht der Behörde vor, wenn „die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde“. Diese Ausnahmevorschrift sei im vorliegenden Fall erfüllt, denn die pauschale Auskunft über alle von der ausländischen Behörde mitgeteilten Daten würde die effektive Steuerverwaltung bzw. die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörden erschweren. Verwende die Finanzbehörde allerdings die erlangten Informationen im Festsetzungsverfahren, so habe der Steuerpflichtige die Möglichkeit und das Recht nunmehr über die betreffenden Daten informiert zu werden und diese zu widerlegen.Strafbefreiende Selbstanzeige: Sperrgrund der Tatendeckung durch ausländische Behörde
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 09.05.2017 (1 StR 265/16) entschieden, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige bereits dann nicht mehr möglich ist, wenn die Tat von einer ausländischen(!) Behörde entdeckt ist. Die Tatentdeckung stellt nach § 371 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 AO einen sogenannten "Sperrgrund" dar. In derselben Entscheidung hat der BGH ferner die Anforderungen an eine "Tatentdeckung" herabgesetzt. Vor der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige bedarf es daher einer sorgfältigen Prüfung und Beratung, um die "Erfolgsaussichten" einer solchen verlässlich einschätzen zu können: Eine Tatentdeckung im Sinne des § 371 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt nach Ansicht des BGH dann vor, wenn bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses gegeben ist Dabei dürfen die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose nicht überspannt werden, weil sie auf einer (noch) schmalen Tatsachenbasis erfolgen muss. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Begriff des Entdeckens der Tat im Sinne des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit den üblichen strafprozessualen Verdachtsgründen NICHT gleichgesetzt werden, weil ihm ein eigenständiger Bedeutungsgehalt zukommt. Demzufolge ist für eine Tatentdeckung WEDER ein hinreichender Tatverdacht im Sinne von § 170 Abs. 1, § 203 StPO erforderlich, NOCH, dass der Täter der Steuerhinterziehung bereits ermittelt ist. Vielmehr genügt es, dass konkrete Anhaltspunkte für die Tat als solche bekannt sind. Die in § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO enthaltene Definition der Tatentdeckung enthält eine doppelte, zweistufige Prognose. Zunächst ist - auf der Grundlage der vorhandenen, regelmäßig noch unvollständigen Informationen - die Verdachtslage, und zwar vorläufig, zu bewerten. Aufbauend auf dieser bloß vorläufigen Bewertung muss der Sachverhalt, auf den sich der Verdacht bezieht, zudem rechtlich geeignet sein, eine Verurteilung wegen einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit zu rechtfertigen. Ist das Vorliegen eines Sachverhalts wahrscheinlich, der die Aburteilung als Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit rechtfertigen würde, ist die Tat entdeckt.. Eine Entdeckung der Tat ist bei verschleierten Steuerquellen bereits vor einem Abgleich mit den Steuererklärungen des Steuerpflichtigen denkbar, wenn die Art und Weise der Verschleierung nach kriminalistischer Erfahrung ein signifikantes Indiz für unvollständige oder unrichtige Angaben ist.Weitere Beiträge...
Steuerrecht "aus dem Leben"
Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
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