BFH: Keine Änderungsbefugnis des Finanzamtes bei unzureichenden Nachforschungen
Der Bundesfinanzhof hat kürzlich entschieden, dass die Änderung eines Steuerbescheides aufgrund nachträglich bekannt gewordener Tatsachen ($ 173 Abs. 1 AO) gegen Treu und Glauben verstoßen kann (BFH vom Urteil vom 29.11.2017, II R 52/15): Verzichtet das FA gegenüber dem Steuerpflichtigen ausdrücklich auf die Abgabe einer förmlichen Feststellungserklärung und fordert ihn stattdessen zu bestimmten Angaben auf, verletzt es seine Ermittlungspflicht, wenn die geforderten Angaben für die Ermittlung des für die Grundbesitzbewertung maßgebenden Sachverhalts nicht ausreichen und es keine weiteren Fragen stellt. Erfüllt der Steuerpflichtige in einem solchen Fall seinerseits seine Mitwirkungspflichten, indem er die vom FA gestellten Fragen zutreffend und vollständig beantwortet, ist das FA nach Treu und Glauben an einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gehindert, wenn es später Kenntnis von steuererhöhenden Tatsachen erlangt.
Ebay-Accountinhaber schuldet Umsatzsteuer
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat kürzlich entschieden, dass Verkäufe/Umsätze über die Plattform "ebay" immer dem jeweiligen Accountinhaber zuzurechnen sind, wenn sich aus den Angebotsbedingungen nicht ausdrücklich etwas anderes ergebe: Trete der Accountinhaber ohne weitere Erläuterungen unter seinem Ebay-Nutzername auf, so komme zwischen ihm und dem Kaufinteressenten im Fall des "Zuschlages" der zivilrechtliche Vertrag zustande. Hierbei ist unerheblich, dass es sich bei dem Nutzernamen zumeist um einen Phantansienamen und nicht um den "Klarnamen" handele. Das Umsatzsteuerrecht folge diese zivilrechtlichen Wertung. Daher richten sich alle steuerrechtlichen Folgen an den Accountinhaber.
Persönliche Haftung des Steuerberaters bei unzulässiger Rechtsberatung
Es ist immer wieder festzustellen, dass einem Teil der Steuerberater nicht bekannt ist, dass im Fall einer unzulässigen Rechtsberatung die Vermögenshaftpflichtversicherung des Steuerberaters im Schadensfall keinen Versicherungsschutz bietet. Der Steuerberater haftet in diesem Fall in voller Höhe mit seinem Privatvermögen, denn auch mit dem Mandanten vereinbarte Haftungsbeschränkungen sind in diesen Fällen unwirksam. Ferner kann der Mandant das gesamte Honorar zurückfordern. Nach § 57 StBG iVm § 5 RDG ist die Rechtsberatung durch Steuerberater nur als Nebenleistung zur beruflichen Haupttätigkeit zulässig. Eine genaue Auflistung von erlaubten Tätigkeiten enthält § 5 Absatz 1 RDG nicht; dies macht es im Einzelfall sehr schwierig festzustellen, ob noch eine zulässige Rechtsberatung als Nebenleistung vorliegt oder ob diese bereits zu einer Hauptleistung „erstarkt“ ist. Es verwundert nicht, dass im Schadensfalle Ex-Mandanten drohen sich darauf zu berufen, dass der Steuerberater eine unzulässige Rechtsberatung ausgeübt habe, denn in diesem Falle kann sich der Mandant auf für ihn günstige Verschuldens- und Verursachungsregelungen berufen („Übernahmeverschulden“). Der Steuerberater sollte daher im Falle von „Rechtsberatung“ immer abklären, ob er sich noch im zulässigen oder bereits unzulässigen Bereich befindet.
Strafrechtliche Risiken des Steuerberaters bei geschätzten USt-Voranmeldungen
Eine Entscheidung des Landgerichts Leipzig vom 16.10.2017 hat den Fokus auf die strafrechtliche Bewertung eines alltäglichen Problems in der Steuerberater-Praxis gelenkt: Die Abgabe von "eigenmächtig" (zu niedrig) geschätzten Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Mit dem Begriff der "Eigenmächtigkeit" ist gemeint, dass dem Steuerberater zum Zeitpunkt der Abgabefrist keine näheren Angaben zu den tatsächlichen Umsätzen des Mandanten vorliegen und der Steuerberater sodann eigenständig die Umsätze schätzt und an das Finanzamt meldet, weil er die Abgabefrist einhalten möchte. Erweist sich die Schätzung als zu niedrig, so liegt eindeutig eine Steuerhinterziehung vor. Fraglich ist, ob der Steuerberater in diesem Fall als Mittäter/Teilnehmer an dieser Steuerhinterziehung zu betrachten ist. Kommt es mehrfach zu zu niedrigen Schätzungen, so sehen einige Gerichte eine Strafbarkeit des Steuerberaters wegen (vorsätzlicher) Beihilfe zu Steuerhinterziehung als gegeben. In dem vorliegenden Fall hat allerdings das LG Leipzig eine für den Steuerberater günstige Rechtsposition eingenommen und unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung zu berufstypischem Verhalten einen Beihilfevorsatz des Steuerberaters verneint. Allerdings hat das LG Leipzig eine leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO bejaht und den Steuerberater zu einer Geldbuße in Höhe von EUR 25.000,-- verurteilt (Aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz der Mandantin konnte diese die tatsächlich geschuldete USt. in Höhe von insgesamt ca. EUR 96.000,-- nicht mehr entrichten).
BGH: Rechtsprechungsänderung bei „Schwarzarbeit“
Der BGH hat in einem Urteil vom 24.01.2018 (1 StR 331/17) eine Änderung seiner Rechtsprechung betreffend Straftaten nach § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) angekündigt. Konkret beabsichtigt der BGH die Frage des Vorsatzes bei § 266a StGB nunmehr in gleicher Art und Weise zu bewerten wie er dies bei Straftaten nach § 370 AO (Steuerhinterziehung) handhabt. Bisher zog der BGH bei diesen Straftaten bei identischem Sachverhalt unterschiedliche Konsequenzen. Bei § 370 AO gilt: Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, ein Steueranspruch sei nicht entstanden, liegt nach der Rechtsprechung ein Tatbestandsirrtum vor, der gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz ausschließt. Hingegen gilt ein entsprechender Irrtum bezüglich der Arbeitgegebereigenschaft im Rahmen des § 266a StGB nur als (in der Regel vermeidbarer) Verbotsirrtum. Der BGH hält diese unterschiedliche Handhandhabung für nicht mehr gerechtfertigt. In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Angeklagte auf Baustellen eine Vielzahl von polnischen Handwerkern als Subunternehmer beschäftigt. Tatsächlich waren diese „Subunternehmer“ derart in den Betriebsablauf des Angeklagten integriert, dass diese in sozialversicherungsrechtlicher Sicht als Arbeitnehmer anzusehen waren. Diese hätten daher vom Angeklagten zur Sozialversicherung angemeldet werden müssen und entsprechende Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführte werden müssen. Der Angeklagte war bezüglich dieser Vorgänge allerdings durchgehend von einem Steuerberater und Rechtsanwalt beraten worden und hielt daher sein Vorgehen wohl für rechtlich zulässig. Dies könnte allerdings nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH dazu führen, dass ein Verurteilung gemäß § 370 AO wegen Tatbestandsirrtums ausscheidet, hingegen eine Verurteilung gemäß § 266a StGB weiter in Frage kommt. Mit dem beabsichtigten Gleichlauf der Prüfung des Vorsatzes bei § 370 AO und § 266a StGB würde solch ein "kurioses" Ergebnis vermieden werden.
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