BGH: Vermögensabschöpfung auch bei verjährten Straftaten
Sehr selten tritt der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (GSSt) zusammen, um über strittige Grundsatzfragen zu entscheiden. Ende Mai 2023 trat der GSSt zusammen, um zu entscheiden, ob ein Strafgericht auch bei verjährten Straftaten automatisch über die Frage der Einziehung von Vermögenswerten entscheiden darf. Die Strafsenate des BGH waren unterschiedlicher Ansicht. Die Gegenansicht vertrat die Auffassung, dass ein Strafgericht bei verjährten Straftaten nur die Einstellung des Strafverfahrens verkünden darf; ob eine Vermögensabschöpfung erfolgen solle, müsse die zuständige Staatsanwaltschaft in einem gesonderten Verfahren prüfen bzw. beantragen – was in der Praxis aufgrund Überlastung der Staatsanwaltschaften oftmals nicht erfolgt. Der GSSt entschied nun, dass das Strafgericht auch bei verjährten Straftaten automatisch/immer auch über eine mögliche Vermögensabschöpfung entscheiden müsse. Unsere Kanzlei ist seit über 20 Jahren auf dem Gebiet des Steuerstrafrechts tätig, insbesondere auch im Bereich der Vermögensabschöpfung – wenn Sie von solchen Maßnahmen betroffen sind, dann vertreten und beraten wir Sie gerne.Hin-und-Her: BFH hält Säumniszuschläge für verfassungsgemäß
Der Bundesfinanzhof hat sich vermeintlich "endgültig" hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Säumniszuschläge nach § 240 AO in Höhe von 1% pro MONAT positioniert: Die Höhe von 1% pro Monat ist weiterhin rechtmäßig! Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zur Rechtswidrigkeit der Höhe der Verzinsung (bisher 0,5% pro MONAT) von Steuernachforderung ab dem 01.01.2019 ist nicht auf Säumniszuschläge übertragbar. Verschiedene Senate des BFH hatten bisher in Eilverfahren unterschiedliche Ansichten vertreten, nunmehr hat jedoch der X. Senat "entschieden", dass sämtliche bisherigen Rechtsansichten durch zwischenzeitlich ergangene Urteile des VII. Senats geklärt sind. Die genannten Entscheidungen des VII. Senats sind am 09.02.2023 (BFH-Urteil vom 23.08.2022 - VII R 21/21, BFHE 278, 1, BStBl II 2023, 304) und am 30.03.2023 (BFH-Urteil vom 15.11.2022 - VII R 55/20, BFHE 278, 403, BStBl II 2023, 621) veröffentlicht worden. N A C H T R A G-I: Am 22.09.2023 entschied der VIII. Senat des BFH mit Beschluss v. 22.9.2023 (VIII B 64/22 (AdV) "erneut", dass er die Höhe der Säumniszuschläge für verfassungswidrig hält! Es zeichnet sich also ab, dass es einer Grundsatzentscheidung des BFH bedarf, die dann für alle Senate des BFH bindend ist. N A C H T R A G-II: Am 13.09.2023 (veröffentlicht am 11.01.2024) hat sich nun auch der XI. BFH-Senat der Ansicht des VII. BFH-Senats angeschlossen, dass die Säumniszuschläge (auch für die Jahre 2016 und 2017) noch verfassungsgemäß sind!Auslieferung aus der Schweiz wegen Steuerhinterziehung
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich die Revision von Hanno Berger gegen seine erste Verurteilung wegen Cum-Ex-Geschäften verworfen. Im Rahmen dieses Beschlusses äußerte sich der BGH auch zu der Auslieferung von Hanno Berger aus der Schweiz: Dorthin war Hanno Berger 2012 „geflüchtet“ und (erst) Mitte 2021 festgenommen und 2022 nach Deutschland ausgeliefert worden. Allerdings liefert die Schweiz nicht wegen (einfacher) Steuerhinterziehung aus. „Daher“ argumentierten die Schweizer Gerichte, dass die Taten des Hanno Berger in der Schweiz als „qualifizierter Betrug“ einzustufen wären und damit nicht nur als „einfache Steuerhinterziehung“. Damit wäre das Verhalten von Hanno Berger nach Sicht der Schweizer Gerichte auch dort strafbar gewesen und somit wurde die Auslieferung auf Grundlage des Prinzips der „beiderseitigen Strafbarkeit“ bewilligt. In Deutschland argumentierte Berger nun dahin, dass deshalb in Deutschland seine Verurteilung nicht wegen Steuerhinterziehung erfolgen könne, denn dies würde der Schweizer Auslieferungsentscheidung widersprechen. Der BGH wies diese Argumentation nun zurück: Es sei unerheblich, wie die Schweizer Gerichte nach ihrem Rechtssystem die Taten von Berger beurteilt hätten, entscheidend sei, dass die Schweiz die Taten -wären sie in der Schweiz gegenüber dem Schweizer Fiskus erfolgt- als strafbar eingestuft haben. Dass nach Schweizer Strafrecht hier ein qualifizierter Betrug anzunehmen sei, nach deutschem Strafrecht jedoch eine schwere Steuerhinterziehung sei für das Auslieferungsverfahren unerheblich. Die Entscheidung der Schweiz und des BGH geben Fingerzeige für den zukünftigen Auslieferungsverkehr zwischen Schweiz und Deutschland im Bereich der Steuerhinterziehung.§ 153 AO - Korrekturpflicht nach Betriebsprüfung und Steuerstrafrecht
Ende 2022 wurde der § 153 AO um einen Absatz 4 erweitert, der ab Ende 2024 voll wirksam wird. Im neuen Absatz 4 hat der Gesetzgeber die Verpflichtung aufgenommen, dass der Steuerpflichtigen nach einer Betriebsprüfung die dort getroffenen Feststellungen auch in den Folgejahren für (identische) Sachverhalte übernehmen muss. Dies bedeutet also, dass der Steuerpflichtige das Ergebnis einer Betriebsprüfung sorgfältig auf seine Auswirkungen für die Prüfungsjahre UND die Folgejahre prüfen muss. Stellt er einen Anpassungsbedarf für die Folgejahre fest, so folgt nun aus § 153 Absatz 4 AO eine (unverzügliche) Anpassungs-/Mitteilungs-PFLICHT gegenüber den Finanzbehörden. Unterlässt der Steuerpflichtige diese Anpassung, so kann dies als Steuerhinterziehung (durch Unterlassen, § 370 Absatz 1 Nr. 2 AO) gewertet werden.MOPEG – Das neue Gesellschaftsrecht der Personengesellschaft
Das Personengesellschaftsrecht gilt angesichts der seit mehr als 100 Jahren nahezu unveränderten Regelungsmaterie als modernisierungsbedürftig. Die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB für die Personengesellschaft stehen an vielen Stellen nicht mehr mit der tatsächlichen Rechtsanwendung im Einklang stehen. Zudem leitete der BGH mit seiner Entscheidung vom 29.01.2001 in der Rechtssache „ARGE Weißes Ross"3 einen nachhaltigen Richtungswechsel in der Rechtsprechung zur GbR ein. Erstmalig wurde der (Außen-) GbR die kodifizierte Rechtsfähigkeit zugesprochen und damit ein Systemwechsel eingeleitet. Mit dem am 10.08.2021 verabschiedeten MoPeG reformiert der Gesetzgeber nunmehr die Rechtstellung der GbR und verwirklicht damit eine Angleichung zwischen der fortentwickelten Rechtsprechung und dem bisher unberührten Gesetzestext. Mit Wirkung zum 01.01. 2024 wird damit die Rechtsfähigkeit der GbR gesetzlich anerkannt. Die GbR ist infolge ihrer zugesprochenen Rechtspersönlichkeit künftig Trägerin des Gesellschaftsvermögens, womit das ihrer Rechtsnatur bislang innewohnende Gesamthandsprinzip abgeschafft wird. Änderungen ergeben sich für die bisher gelebten „Entnahmen“ und die Frage der Rechtnachfolge, des Erben, in die Persongesellschaft. Die gesellschaftsvertragliche Behandlung der Gesellschafterkonten können zu Änderungen der Satzung notwendig machen. Ergänzend schafft der Gesetzgeber in Anlehnung an das Handelsregister ein öffentliches Gesellschaftsregister, in welches die GbR nach den §§ 707-707d BGB eingetragen werden kann. Dabei handelt es sich hierbei gem. § 707 Abs. 1 BGB um eine fakultative Eintragung und damit grundsätzlich um ein Wahlrecht, sofern keine publizitätspflichtigen Rechtsvorgänge wie beispielsweise der Erwerb von Grundstücksrechten dem entgegenstehen. Folgerichtig hängt die Rechtsfähigkeit der GbR nicht von der lediglich deklaratorisch wirkenden Eintragung im Gesellschaftsregister ab. Wird die Eintragung in das Gesellschaftsregister vorgenommen, hat die GbR obligatorisch nach § 707a Abs. 2 BGB den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts" respektive „eGbR" in der Firmierung zu führen. Darüber hinaus kann eine eingetragene GbR nun durch Verschmelzung, Spaltung oder Formwechsel umgewandelt werden, wie dies bereits für Personenhandelsgesellschaften in der Rechtsform einer OHG, KG sowie der GmbH & Co. KG möglich ist. HIER BITTE WEITERLESEN zum STEUERRECHT nach MOPEG.Weitere Beiträge...
Steuerrecht "aus dem Leben"
Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
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