Bundesverfassungsgericht: Auch verjährte Cum-Ex-Gewinne können eingezogen werden
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die Einziehung von Gewinnen aus Cum-Ex-Geschäften zurückgewiesen. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich dagegen, dass im Jahr 2020 eine neue Vorschrift in das Strafgesetzbuch aufgenommen wurde, die auch die Einziehung von Gewinnen aus bereits verjährten Steueransprüchen ermöglichen sollte, soweit es sich um besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (Über EUR 50.000,-- pro Tat) handelt. Das Besondere: Die Vorschrift sollte auch für Taten greifen, die in 2020 bereits verjährt waren. Das Gesetz sollte also zurückwirken. Solche Rückwirkungen sind jedoch im Grundsatz verboten, da eine Rückwirkung dem Rechtsstaatsprinzip widersprechen. Eine von einer Einziehung betroffene Gesellschaft erhob deshalb Verfassungsbeschwerde zum BVerfG: Das BVerfG entschied nun jedoch, dass ganz ausnahmsweise in diesem Fall die Rückwirkung zulässig ist, da überragende Belange des Gemeinwohls verlangen, dass strafrechtlich erlangtes Vermögen trotz Eintritt der Verjährung nicht bei dem Straftäter verbleiben kann. Da es sich bei der Entscheidung nicht um ein Urteil, sondern nur um einen Nichtannahmebeschluss handelt, der nur von 3 Richtern des Bundesverfassungsgerichts gefaßt wird, bleibt noch die Möglichkeit, dass ein Urteil durch den gesamten Senat zu einer abweichenden Ansicht gelangt. Von möglichen Einziehung Betroffene sollten sich vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG erneut über mögliche Verteidigungsstrategien von Fachanwälten für Steuerrecht beraten lassen.BFH bestätigt Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Lohnsteuer
Der Bundesfinanzhof hat kürzlich in einem Urteil bestätigt, dass ein GmbH-Geschäftsführer auch dann für Nichtabführung der Lohnsteuer haftet, wenn ein sogenannten vorläufiger („schwacher“) Insolvenzverwalter für die GmbH bestellt worden ist. Die Nichtabführung der Lohnsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt stellt in der Regel eine grobe Pflichtverletzung der steuerlichen Pflichten des Geschäftsführers dar. Ein vorläufiger/schwacher Insolvenzverwalter hat „nur“ die Aufgabe die künftige Masse zu sichern und zu erhalten. Zu diesem Zweck ordnet das Gericht zumeist an, dass Verfügungen des Geschäftsführers der Zustimmung des Insolvenzverwalters bedürfen. Dieser Zustimmungsvorbehalt bedeutet aus Sicht des BFH jedoch nicht, dass der Geschäftsführer „die Füße hochlegen kann“. Vielmehr muss der Geschäftsführer weiterhin in vollem Umfang seine Pflichten erfüllen und für jede notwendige Verfügung (hier: Zahlung der Lohnsteuer) beim Insolvenzverwalter um Zustimmung bitten. Keinesfalls darf der Geschäftsführer sich auf den Standpunkt stellen, dass er nicht nachfragen müssen, weil der vorläufige Insolvenzwalter die Zahlung an das Finanzamt ohnehin nicht genehmigt hätte.Grundsatzurteil des BFH: Cum-ex-Gestaltungen unzulässig
Heute (15.03.2022) wurde das lange erwartet Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 02.02.2022 zu Cum-Ex-Gestaltungen veröffentlicht. In einer Pressekonferenz des BFH gab ein am Urteil beteiligter Richter zu verstehen, dass die Grundsätze des Urteils nicht nur für den entschiedenen Einzelfall, sondern quasi für alle Cum-Ex-Gestaltungen gelten! Kurz gefaßt lautet der Tenor der Urteils: Cum-Ex-Gestaltungen sind/waren unzulässig. Der BFH wies alle gegenteiligen Überlegungen/Argumente, die insbesondere auf die Fehleranfälligkeit des Steuersystems oder den Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen verwiesen, zurück. ALLERDINGS weist der BFH in seinem Urteil auch darauf hin, dass es entscheidend auf die tatsächliche Vorgänge ankommt und diese durch das erstinstanzliche Finanzgericht festgestellt werden. Das Urteil dürfte der entscheidende Mosaikstein in der Reihe von gerichtlichen Entscheidungen sein, welche die Cum-Ex-Gestaltungen als unzulässig bzw. als strafbar bewerten. Das Grundsatzurteil des BFH kommt "rechtzeitig" vor dem Beginn eines wichtigen Strafprozesses: Am 04.04.2022 soll sich vor dem Landgericht Bonn der "Mastermind" der Cum-Ex-Geschäfte, Hanno Berger, verantworten. Beteiligte oder Nutznießer solcher steuerlicher Gestaltungen sollten sich umgehend über die noch möglichen Verteidigungsstrategien beraten lassen. Aus dem Urteil wird deutlich, dass Darstellung der tatsächlichen Geschehnisse in der ersten Instanz (Finanzgericht) entscheidende Bedeutung zukommt. Als Fachanwälte für Steuerrecht und Experten im Steuerstrafrecht verfügen wir über langjährige theoretische und praktische Erfahrung in Steuer(strafrechts)verfahren.Säumniszuschläge ab 2019 verfassungswidrig?
Das Finanzgericht Münster hat ernstliche Zweifel, ob die Höhe der Säumniszuschläge von 1% pro Monat ab dem 2019 noch verfassungsgemäß sind. Das Gericht orientierte sich dabei an der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 2021, welches die Vollverzinsung in Höhe von 1% pro Monat jedenfalls ab 2019 für verfassungswidrig erachtet hatte. Das FG Münster überträgt diesen Gedanken nun auf die Säumniszuschläge. So lange keine Allgemeinverfügung des Bundesfinanzministeriums vorliegt, sollten alle Steuerpflichtige entsprechende Bescheide über Säumniszuschläge mit einem Einspruch anfechten.Strafrecht: Encro-Chat-Daten verwertbar?
Erstmals hat sich das höchste deutsche Strafgericht mit einem Aspekt der Verwertung der sogenannten EncroChat-Daten in einem Strafverfahren beschäftigt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hält nach einer ersten Einschätzung die (im Ausland gesammelten) Daten für verwertbar. Zur Begründung verwies der BGH auf die bereits von anderen deutschen Gerichten festgestellte Verwertbarkeit, ohne jedoch selbst eine konkrete Begründung zu liefern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die anderen Strafsenate am BGH zu dieser Frage positionieren. Darüber hinaus sind auch noch Verfassungsbeschwerden bei Bundesverfassungsgericht und Klage vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig. Fraglich ist allerdings, wann mit Entscheidungen dieser höchsten Gericht zu rechnen ist, bis dahin geben die nationalen Strafgerichte die Marschrichtung vor.Weitere Beiträge...
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