EuGH: Deutsche Wegzugsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz rechtswidrig

Mit Urteil vom 26.02.2019 (Rechtssache C‑581/17) hat der EuGH entschieden, dass die gegenwärtige deutsche Wegzugsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz dem EU-Recht widerspricht. Die deutsche Regelung des § 17 EStG in Verbindung mit § 6 AStG sieht vor, dass ein Steuerpflichtiger, der seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt, sofort die bisherigen Wertsteigerungen von ihm gehaltenen Kapital-Gesellschaftsanteilen in Deutschland versteuern muss. Würde der Steuerpflichtige seine Wohnsitz jedoch in eine anderes EU-Land verlegen, so ist die Steuer nicht sofort fällig, sondern wird ohne Sicherheitsleistung so lange gestundet, bis der Steuerpflichtige die Anteile tatsächlich veräußert. Im Hinblick auf das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Freizügigkeit aus dem Jahr 1999 hielt der EuGH diese Benachteiligung von Wegzüglern in die Schweiz im Verhältnis zu Wegzügler in andere EU-Länder für nicht gerechtfertigt. Das Urteil dürfte in der Praxis erhebliche Bedeutung entfalten, da nach wie vor eine große Anzahl von deutschen Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegen.

BGH zu Verhältnis Umsatzsteuervoranmeldung und -jahressteuererklärung

Der Bundesgerichtshof hat mit am 27.02.2019 veröffentlichtem Beschluß vom vom 25.10.2018 - 1 StR 7/18 - bestätigt, dass seine im Jahr 2017 (1 StR 536/16) erfolgte Rechtsprechungsänderung zum Konkurrenzverhältnis zwischen falscher Umsatzsteuervoranmeldung und falscher Umsatzsteuerjahreserklärung auch für den Fall von unterlassenen Umsatzsteuervoranmeldungen zu unterlassener Umsatzsteuerjahreserklärung gilt. Die fehlerhaften/unterlassenen Umsatzsteuervoranmeldungen gelten hinsichtlich der fehlerhaften/unterlassenen Umsatzsteuerjahreserklärung als mitbestrafte Vortaten. Es liegen also (bei monatlicher Voranmeldungspflicht) nicht insgesamt 13 Steuerhinterziehungstaten vor, sondern nur 1 Tat und 12 mitbestrafte Vortaten.

BFH bestätigt: Kein "kostenloser" Dienstwagen für nahe Angehörige mit "Minijob"

Wer nahe Angehörige geringfügig beschäftigt (z.B. 450-Euro-Job), darf diesen keinen Firmenwagen (auch) zur "kostenlosen" privaten Nutzung überlassen. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 10.10.2018, X R 44-45/17; X R 44/17; X R 45/17, nochmals seine Ansicht bekräftigt, dass es nicht fremdüblich ist, einer familienfremden, geringfügig beschäftigten Person einen Firmenwagen auch zu private Nutzung zu überlassen. Mangels dieser Fremdüblichkeit scheide daher auch die steuerliche Anerkennung einer solchen Überlassung an Familienangehörige oder Freunde aus (Anders jedoch, wenn eine Kostenbeteiligung vereinbart ist!). Ausdrücklich hat der BFH ein anderslautendes Urteil des FG Köln vom 27.09.2017 zurückgewiesen. ALLERDINGS weist der BFH auf folgenden Umstand hin: Wird der Pkw tatsächlich zur mehr als 10% oder gar mehr als 50% für betriebliche Zwecke genutzt, so ist der Pkw dem (gewillkürten bzw. notwendigen) Betriebsvermögen zuzuordnen und die Pkw-Kosten sind in entsprechender bzw. in voller Höhe abzugsfähig. Auf der anderen Seite muss sich der Betriebsinhaber (nicht der Ehegatte!) einen entsprechenden Privatnutzungsanteil (Nachweis per Fahrtenbuch bzw. 1%-Regelung) zurechnen lassen. Sollte die betriebliche Nutzung jedoch unter 10% liegen, so sind die PkW-Kosten keine Betriebsausgaben - auf der anderen Seite entfällt dann aber auch die Zurechnung der Privatnutzung.

VG Aachen: Steuerhinterziehung führt nicht zwingend zum Verlust der Approbation

Das Verwaltungsgericht Aachen hat entschieden, dass ein wegen Steuerhinterziehung verurteilter Apotheker nicht auch noch seine Approbation (Zulassung als Apotheker) verliert. Der Apotheker war wegen jahrelanger Steuerhinterziehung in Höhe von EUR 230.000,-- zu 10 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Der Apotheker hat für sein Warenwirtschaftssystem über Jahre eine Manipulationssoftware benutzt und falsche Steuererklärungen abgegeben. Erst nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gab er die Verstöße zu, half bei der Aufklärung und zahlte die hinterzogenen Steuern nach. Bereits Mitte 2018 bestätigte das VG Aachen den Widerruf der ApothekenBETRIEBSerlaubnis mit der Folge, dass der Apotheker keine Apotheke mehr betreiben darf, sondern "nur" noch als angestellter Apotheker arbeiten darf. Den Widerruf der Approbation hielt das VG Aachen aber für eine zu schwerwiegende Sanktion gegen den Apotheker, der bereits erfolgte Widerruf der Apothekenbetriebserlaubnis sei ausreichend. Zu Gunsten des Apothekers würdigte das VG Aachen, dass durch die Manipulationshandlungen weder Kunden/Patienten noch Krankenkassen direkt geschädigt worden seien. Auch die Schadenswiedergutmachung wurde letztlich zu Gunsten des Apothekers gewürdigt.

BFH zur Ausgangslohnsumme nach neuem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz

Der BFH hat sich mit Urteil vom 05.09.2018, II R 57/15, erstmals zur Lohnsummenregelung des „neuen“ Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz geäußert. Konkret ging es um die Frage, ob sich aus der Feststellung der Ausgangslohnsumme eine Schlussfolgerung dahin ziehen lässt, dass der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat. Diese Frage hat der BFH verneint: „1. Die Feststellung der Ausgangslohnsumme und die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten i.S. des § 13 a Abs. 1 a Satz 1 ErbStG sind zwei getrennte Feststellungen, die jeweils eigenständig einer Überprüfung im Einspruchs- und Klageverfahren zugänglich sind. (Leitsatz Nr. 1). Noch nicht geäußert hat sich der BFH zu der Fragestellung, ob bei der Feststellung der Anzahl der Beschäftigten nur auf die „betroffene“ Gesellschaft oder im Falle von Holdinggesellschaften auch auf Beschäftigten der nachgeordneten Betriebe (Konzernbetrachtung) abzustellen ist – bei der Lohnsummenberechnung hat der Gesetzgeber in § 13a Absatz 4 Satz 5 ErbStG eine solche Konzernbetrachtung ausdrücklich angeordnet für die Berechnung der Mitarbeiterzahl fehlt jedoch eine solche ausdrückliche Anordnung( Ab Juni 2013 enthält § 13a Absatz 1 Satz 4 ErbStG nunmehr eine ausdrückliche Regelung.)

Neue Abgabefristen für Steuererklärungen wirksam

Zum 01.01.2019 sind wieder ein Vielzahl von steuerlichen Neuerungen in Kraft getreten bzw. werden nun wirksam. Für die große Allgemeinheit am bedeutendsten dürfte wohl die nunmehr gesetzlich geregelte Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung sein. Nach § 149 Absatz 2 Abgabenordnung endet die Frist nunmehr am 31.07. des Folgejahres - für die Einkommensteuererklärung 2018 also am 31.07.2019. Bisher endete die Abgabefrist am 31.05. des Folgejahres. Hat der Steuerpflichtige einen Rechtsanwalt oder Steuerberater etc. mit der Erstellung der Steuererklärung beauftragt, so endet die Abgabfrist nach § 149 Absatz 3 AO nunmehr erst am letzten Tag des Februars des 2. Folgejahres - für 2018 also am 29.02.2020!

BGH ändert Rechtsprechung zu Tatmehrheit bei Steuerhinterziehung

Mit Urteil vom 22.1.18, 1 StR 535/17, hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zu Tateinheit und Tatmehrheit bei der zeitgleichen Abgabe von mehreren Steuererklärungen geändert. Bisher wurde im Fall der zeitgleichen Abgabe von Steuererklärungen zu mehreren Jahren bzw. zu mehreren Steuerarten (z.B. KöSt, USt und GewSt für dasselbe Jahr) Tatmehrheit angenommen. Dies hatten den "Vorteil", dass nur eine (einheitliche) Straftat vorlag und nicht eine pro Steuererklärung und Steuerjahr. Nachteilig wirkte sich allerdings aus, dass die Steuerhinterziehungsbeträge zusammenaddiert wurden und daher die 50.000-Euro-Schwelle zu einem schweren Fall einer Steuerhinterziehung im Sinne § 370 Absatz 3 Nr. 1 AO (großes Ausmaß) schneller überschritten wurde. Dies hatte dann eine höhere Straferwartung und eine Verlängerung der Verjährungsfrist (von 5 auf 10 Jahre) zur Folge. Nunmehr betrachtet der BGH jede Steuererklärung als einzelne Tat, unabhängig vom Zeitpunkt der Abgabe. Dies beseitigt die Gefahr des schnelle Überschreiten der 50.000-Euro-Schwelle, auf der anderen Seite liegen nun aber entsprechend viele Einzeltaten vor.

BFH zur Steuerermäßigung bei Verkauf von freiberuflicher Praxis

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 21.08.2018 - VIII R 2/15, veröffentlicht am 28.11.2018- seine bisherige Rechtsprechung zur Tarifbegünstigung beim Verkauf einer Praxis bestätigt. Nach § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn aus der Veräußerung der gesamten Praxis. Für diesen Veräußerungsgewinn sieht § 34 EStG eine Tarifbegünstigung vor. Im entschiedenen Fall hat ein Steuerberater seine Einzelpraxis inclusive Mandantenstamm an eine andere Steuerberatungsgesellschaft verkauft. Er hatte jedoch nachfolgend ca. 2 Jahre im Angestelltenverhältnis für den Käufer gearbeitet und insbesondere seine vorherigen Mandanten in diesem Verhältnis weiterbetreut. Danach gründete der Steuerberater in der gleichen Stadt und zum Teil mit seinem alten Personal eine neue Steuerberaterkanzlei, unter "Mitnahme" von ca. 50% bis 60% seiner alten Mandanten. Das Finanzamt verwehrt nachträglich die Tarifbegünstigung des § 34 EStG. Der BFH gab dem FA nunmehr Recht: Beim Verkauf einer freiberuflichen Praxis müsse auch der Mandantenstamm mitverkauft werden und der Steuerberater müsse seine Tätigkeit für eine gewissen Dauer einstellen. Eine Wiederaufnahme seiner Tätigkeit dürfe nur nach einer gewissen Dauer erfolgen und es dürfe auch (negativ) berücksichtigt werden, wenn ein räumliche Nähe zu der alten "Wirkungsstätte" bestehe. Nach Ansicht des BFH ist es unbeachtlich, ob die Wiederaufnahme der Tätigkeit von vornherein geplant war bzw. "ungeplant" erfolgte.

RECHTSPRECHUNGSÄNDERUNG: BGH erkennt Vorsteuerabzug bei Umsatzsteuerhinterziehung an

Der Bundesgerichtshof hat eine bahnbrechende Entscheidung "zu Gunsten" von Tätern von Umsatzsteuerdelikten getroffen (Urteil des 1. Strafsenats vom 13.9.2018 - 1 StR 642/17). Seit Jahrzehnten war es gängige Rechtsprechung, dass sich bei Umsatzsteuerdelikten die Frage, ob Steuern verkürzt worden sind nach der "reinen" Umsatzsteuer richtete - die entsprechende Vorsteuer aus dem jeweiligen Geschäfte wurde NICHT mindernd angerechnet. Begründet wurde dies mit dem aus § 370 Absatz 4 Satz 1 AO folgenden "Kompensationsverbot": Danach dürfen Steuervorteile, welche dem Täter aufgrund anderer Gründe zustehen oder zugestanden hätte, die Prüfung des Verkürzungserfolges nicht beinflussen. Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung nur dann eine Ausnahme gemacht, wenn zwischen Einnahmen und Ausgaben ein unmittelbarer Zusammenhang bestand, z.B. bei Werbungskosten. Für den Bereich der Umsatzsteuer/Vorsteuer wurde dieser unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang von der Rechtsprechnung jedoch negiert. Nunmehr hat der BGH diese Rechtsansicht aufgegeben und gesteht zu, dass Umsatzsteuer und Vorsteuer in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und die Vorsteuer auf die Umsatzsteuerschuld angerechnet werden muss. Diese Rechtsprechungsänderung wird in der Praxis gravierende Auswirkungen im Bereich der Verfolgung von Umsatzsteuerhinterziehung haben, da nun in manchen Fällen aufgrund einer Übersteigender Vorsteuer keine Umsatzsteuerhinterziehung vorliegt oder nur eine "normale" Umsatzsteuerhinterziehung und kein besonders schwerer Fall.

BFH: Grundsatzurteil zu nachträglichen Anschaffungskosten nach neuem GmbH-Recht

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 20.7.2018, IX R 5/15, über eine rechtliche Gestaltung im Zusammenhang mit dem Verlust beim Verkauf von GmbH-Anteilen entschieden. Der BFH hat sich hierbei gegen die Sichtweise der Finanzverwaltung gewandt, welche in dem Vorgehen einen Gestaltungsmißbrauch gesehen hatten: Gesellschafter einer GmbH hatten für deren Verbindlichkeiten eine Bürgschaft übernommen. Als die GmbH in eine wirtschaftliche Krise geriet und eine Inanspruchnahme der Bürgen drohte, stellten die Gesellschafter der GmbH hohe Geldbeträge zur Verfügung. Mit diesen Geldbeträgen befriedigte die GmbH ihre Gläubiger, so dass es nicht mehr zu einer Inanspruchnahme der Bürgen kam. Anschließend verkauften die GmbH-Gesellschafter ihre Anteile für EUR 0,-- und machten einen steuerlichen Verlust gemäß § 17 EStG geltend. Hierbei rechneten sie ihre Zahlungen an die GmbH zu den Anschaffungskosten hinzu. Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen an die GmbH hingegen nicht. Der BFH gab den Gesellschaftern Recht und betonte, dass aufgrund der Änderungen des Eigenkapitalsrechts der GmbH durch das MoMiG nur noch offene oder verdeckte Einlagen als Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG berücksichtigt werden können. Es stelle keinen Gestaltungsmißbrauch dar, dass die Gesellschafter über den "Umweg" der Einzahlung in die GmbH und der nachfolgenden Befriedigung der (Bürgschafts)Gläubiger eine steuerliche Berücksichtigung erreicht haben, welche ihnen nicht offen gestanden hätte, wäre es zu einer Bürgschaftsinanspruchnahme gekommen. Der BFH hat auch bestätigt, dass auch eine Veräußerung zu EUR 0,-- eine entgeltliche Veräußerung im Sinne des § 17 EStG darstelle, wenn die GmbH-Anteile objektiv wertlos sind.

BGH zur (Allein)Geschäftsführungsbefugnis bei BGB-Innengesellschaften

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11.09.2018, II ZR 161/17, zur Frage der Geschäftsführungebefugnis bei BGB-Innengesellschaft Stellung genommen. In dem entschiedenen Fall hatten 4 Personen beschlossen, zu gleichen Teilen ein Grundstück zu erwerben. Nach Außen sollte jedoch nur einer als Käufer auftreten (= 1 Außengesellschafter und 3 Innengesellschafter), weitere Regelungen wurde nicht getroffen. Später verkaufte der Außengesellschafter das Grundstück wieder, hierbei ergab sich insgesamt ein Verlust. Der Außengesellschafter verlangte von den anderen 3 Gesellschaftern eine Beteiligung am Verlust bzw. anteilige Kostenerstattung. Der Außengesellschafter argumentierte insbesondere, dass er bereits aufgrund seiner Stellung als einziger Außengesellschafter befugt gewesen sei, das Grundstück (ohne vorherige Zustimmung der 3 Innengesellschafter) zu verkaufen. Dieser Rechtsansicht ist der BGH NICHT gefolgt: Aus der Stellung als Außengesellschafter ergebe sich nicht per se eine (alleinige) Einzelgeschäftsführungsbefugnis - auch der (einzige) Außengesellschafter habe sich bei der Geschäftsführung mit den anderen (Innen)Gesellschafter abzustimmen, für die Innengesellschaft würden diesbezüglich die selben Regelungen gelten wir für eine "normale" BGB-Gesellschaft (§§ 709 bis 713 BGB). Es sei aber möglich, dass alle Gesellschafter generell oder im Einzelfall dem Außengesellschafter eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis erteilen. Handelt der Außengesellschafter ohne entsprechende Geschäftsführungebefugnis im Außenverhältnis, so ist die Maßnahme nicht unwirksam, jedoch kann der Pflichtenverstoß einen Schadensersatzanspruch der anderen Gesellschafter gegen den Außengesellschafter auslösen.

Unternehmenskauf nach neuem Schuldrecht: Beim Kauf von GmbH-Anteilen kann SACH- statt RECHTSmängelgewährleistungsrecht anwendbar sein

Der Bundesgerichtshof hat bekräftigt (Urteil des VIII. Zivilsenats vom 26.9.2018 - VIII ZR 187/17), dass seine Rechtsprechung zur Gewährleistung bei Unternehmenskäufen auch auf das neue Schuldrecht anwendbar ist (Reform im Jahr 2001): Bei einem Kauf von Mitgliedschaftsrechten an einer GmbH, der als solcher ein Rechtskauf gemäß § 453 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist, sind im Fall von Mängeln des von der GmbH betriebenen Unternehmens die Gewährleistungsrechte der §§ 434 ff. BGB anzuwenden, wenn Gegenstand des Kaufvertrags der Erwerb sämtlicher oder nahezu sämtlicher Anteile an dem Unternehmen ist und sich der Anteilskauf damit sowohl nach der Vorstellung der Vertragsparteien als auch objektiv bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Kauf des Unternehmens selbst und damit als Sachkauf darstellt. Ein solcher Erwerb sämtlicher oder nahezu sämtlicher Anteile an dem Unternehmen liegt aber NICHT vor, wenn ein Käufer, der bereits 50 % der Mitgliedschaftsrechte an einer GmbH hält, weitere 50 % der Geschäftsanteile dieser Gesellschaft hinzuerwirbt.

BFH macht Weg frei für Millionenrückstattungen an Bauträger

Der BFH hat mit Urteil vom 27.9.2018, V R 49/17, den Weg für Umsatzsteuerrückerstattungen an Bauträger frei gemacht. Bis 2013 wurde von der Finanzverwaltung unterstellt, dass Bauträger auch in den Anwendungsbereich des § 13b UStG fallen. Der BFH entschied jedoch gegen die Auffassung (22. August 2013 V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128). Dies hatte die Folge, dass Bauträger die Umsatzsteuer zurückfordern konnten, der Gesetzgeber verknüpfte diese Rückforderung in § 27 Absatz 19 UStG mit dem Aufleben einer Umsatzsteuerforderung des Fiskus gegen den Leistungserbringer (z.B. Handwerker). Unklar blieb aber, ob die Finanzverwaltung die Erstattung der Umsatzsteuer an den Bauträger davon abhängig machen konnte, dass zugleich der Leistungserbringer die USt. an das FA abführt oder seinen Umsatzsteueranspruch an das FA abtritt. Der BFH hat dieser Sichtweise nun einen Absage erteilt: Dem Bauträger steht die Rückerstattung ohne weitere Voraussetzungen zu, insbesondere ist diese nicht davon abhängig, ob und wann der Leistungserbringer seine Umsatzsteuerschuld begleicht.

BFH: Bei Steuerhinterziehung nur teilweise Restschuldbefreiung

De Bundesfinanzhof hat in einer am 07.11.2018 (VII R 24 und 25/17)veröffentlichten Entscheidung die Rechtsansicht der Finanzverwaltung bestätigt, dass auch eine Verwarnung unter Strafvorbehalt (§ 59 StGB) wegen Steuerhinterziehung zu einer (teilweisen) Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 302 Nr. 1 InsO führt: Hinsichtlich der Steuerforderungen "aus" der Steuerhinterziehung müsse die Restschuldbefreiung versagt werden. Der BFH nimmt hier einen sehr strengen und für den Steuerpflichtigen nachteiligen Standpunkt ein: Er ist insbesondere der Ansicht, dass eine Verwarnung unter Strafvorbehalt als "Verurteilung" im Sinne § 301 InsO anzusehen ist. Ferner entfalle diese Verurteilung auch nicht, wenn sich der Steuerpflichtige in der Bewährungszeit nichts weiter habe zu schulden kommen lasse und daher das Strafgericht nach Ablauf der Bewährungszeit feststelle, dass es bei der Verwarnung sein bewenden habe. Der BFH lehnt es ferner aber die Bagatellgrenze des § 290 Absatz 1 Nr. 1 InsO auf die Fälle des § 302 InsO zu übertragen, da beide Regelungen unterschiedliche Rechtsfolgen herbeiführen und der Gesetzgeber bewußt unterschiedliche Regelungen getroffen habe. Der BFH ist nicht direkt zuständig für Entscheidungen im Bereich der Insolvenzordnung, es bleibt daher abzuwarten, ob die eigentlich zuständigen Insolvenzgerichte dieser strengen Rechtsprechung folgen.

EuGH: Wettbewerber von Empfängern staatlicher Beihilfen dürfen direkt klagen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Entscheidung erlassen, welche enorme Auswirkungen auf das steuerliche Gefüge in der EU haben könnte (Rechtssache: C-622/16, C-623/16 und C-624/16). NAch dem UE-Behilfrecht muss die EU-Kommission nationale (steuerliche) Beihilfen prüfen und gegebenfalls den betreffenden EU-Mitgliedstaat verpflichten, die Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern. Wendet der EU-Mitgliedstaat jedoch ein, dass ihm eine Rückforderung der Beihilfen nicht (mehr) möglich ist, kann die EU-Kommission davon absehen eine Rückforderungsverpflichtung auszusprechen - dies war im vorliegen Fall geschehehn. Nach der Entscheidung des EuGH können unmittelbar betroffene Wettbewerber von Empfängern staatlicher Beihilfen, die Unionsgerichte anzurufen, um die Nichtigerklärung einer solchen Nichtrückforderungs-Entscheidung der EU-Kommission zu beantragen. Im vorliegenden Fall hatten ein Hotelier und eine Montessori-Schule gegen die Nichtrückforderung einer Steuerbefreiung für kirchliche bzw. gemeindliche Beherbergungs- und Schulimmobilien geklagt. Die Steuerbefreiung hatten den kirchlichen und gemeindlichen Einrichtungen einen unmittelbaren Wettbewerbsvorteil gegenüber den Klägern verschafft.

BFH: Deutsches Besteuerungsrecht bei Zahlung eines sog. signing bonus

Der Bundesfinanzhof hat sich mit Urteil vom 11.4.2018, I R 5/16, zum Besteuerungsrecht bei der Gewährung eines sogenannten "signing bonus" geäußert. Ein deutscher Arbeitergeber hatte einem in der Schweiz wohnenden (zukünftigen) Mitarbeiter zum Abschluss des Dienstvertrages eine Abschlusszahlung angekündigt und später auch gezahlt. Die Zahlung stand unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer mindestens 5 Jahre seine Tätigkeit für den Arbeitgeber ausübt. Der Arbeitgeber betrachtete die Zahlung als lohnsteuerfrei da die Zahlung nicht in Zusammenhang mit Lohnzahlungen stehe, ferner weise Artikel 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers (Schweiz) zu. Das Finanzamt vertrat (natürlich) die gegenteilige Auffassung. Nachdem das FG München dem Arbeitgeber Recht gegeben hatte, hob nunmehr der BFH auf Revision des Finanzamtes das Urteil auf und gab dem Finanzamt Recht: Bei der Abschlusszahlung handelt es sich um Lohn im Sinne § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung. Nach dieser Vorschrift gehören zum Arbeitslohn auch Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis. Es entspricht daher allgemeiner Meinung, dass z.B. vor Arbeitsvertragsschluss geleistete Handgelder und Antrittsprämien zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit rechnen. Ferner steht Deutschland als Tätigkeitsstaat und nicht der Schweiz als Ansässigkeitsstaat. Das FG München habe den Passus des Art. 15 Absatz 1 Satz 2 DBA Schweiz "dafür bezogene" Vergütung falsch ausgelegt. Zum einen setze das DBA Schweiz nicht voraus, dass die Arbeitstätigkeit und die Zahlung unmittelbar aufeinander folgen, zum anderen handelte es sich nicht um einen "anlasslose" Zahlung, sondern die Zahlung stand im Zusammenhang mit der späteren Tätigkeit für den deutschen Arbeitgeber (siehe die Rückzahlungsreglung!).

FG Düsseldorf: Unterschlagung kann zu Schenkungsteuer führen

Zu einem etwas überraschenden Ergebnis ist das FG Düsseldorf in einem am 30.09.2018 veröffentlichten Urteil (4 K 1652/16 Erb) gekommen: Eine Unterschlagung kann Schenkungsteuer auslösen. In dem entschiedenen Fall hatte eine Buchhalterin einem Bekannten in einer (angeblichen) finanziellen Notsituation helfen wollen und die Buchhaltung eines Unternehmens derart manipuliert, dass Zahlungen von/an das Unternehmen auf falschen Bankkonten landeten und letztendlich ihrem Bekannten zuflossen. Das Finanzamt sah dies in steuerlicher Hinsicht als Schenkung der Buchhalterin an ihren Bekannten an und erließ 17 Schenkungsteuerbescheide gegen den Bekannten. Das Finanzgericht folgte im Ergebnis der Ansicht des Finanzamtes: Obwohl die Zahlungen zum Großteil direkt von Konten des Unternehmens erfolgten und nicht von Konten der Buchhalterin, seien die Zahlungen im Sinne einer Zuwendung der Buchhalterin an den Bekannten zuzurechnen. In steuerlicher Hinsicht habe sich die Buchhalterin die fraglichen Geldbeträge im Moment der falschen Zahlungsanweisungen angeeignet und im gleichen Moment diese dem Bekannten zugewendet.

FG Münster zur Verzinsung von Steuerforderung: 2014 bis 2015 nicht höher als 3% p.a.

Das Finanzgericht Münster hat einem Verfahren über einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass auch für die Zeiträume vor 2015 der gesetzliche Zinssatz des §§ 233a, 238 AO (6% p.a.) zum Teil verfassungswidrig ist. Ausgehend von dem allgemeinen Zinsniveau hält das Gericht selbst bei typisierender Betrachtung einen Zinssatz in Höhe von 6% p.a. für außerhalb einer dem Gesetzgeber zuzustehenden Bandbreite. Allerdings kann sich das FG Münster nicht zu einer vollständigen Verwerfung der Norm bzw. des Zinssatzes entschließen: Das FG Münster geht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht (welchem allein die Kompetenz zur Verwerfung eines Gesetzes zusteht) dem Gesetzgeber die Möglichkeit einräumen wird Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß zu gestalten. Nach Ansicht des FG Münster könnte in diesem Fall ein neuer Zinssatz von 3% p.a. für angemessen erachtet werden.

Brexit und englische Limited (Ltd.) in Deutschland: Verlust der Haftungsbeschränkung

Mit dem Ausscheiden von Großbritannien aus der EU (Brexit) ergeben sich auch Änderungen für englischen Limited (Ltd.) mit "Hauptsitz" in Deutschland. Bisher ist nicht erkennbar, dass zwischen Großbritannien und die EU eine Austrittsvereinbarung zustande kommt. Es muss daher von einem "unkontrollierten" Austritt ausgegangen werden. In diesem Fall werden die englischen Ltd. ihre Haftungsbeschränkung verlieren. Sie werden nicht mehr als Kapitalgesellschaft angesehen, sondern als GbR oder Personenhandelsgesellschaft, bei einer Einpersonnen-Ltd. als Einzelkaufmann/Einzelunternehmer. Damit würden die jeweiligen Ltd.-Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Unsere Kanzlei ist seit Jahren mit der Beratung von englischen Ltd. mit "Hauptsitz" in Deutschland befasst, gerne beraten wir Sie, welche Vorkehrungen Sie für sich und ihre Ltd. treffen können, falls es zu einem unkontrollierten Brexit kommen sollte.

BFH: Schwarzeinnahmen können jedem GmbH-Gesellschafter quotal als vGA persönlich zugerechnet werden

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Beschluss vom 12.06.2018 (VIII R 38/14) festgehalten, dass "Schwarzeinnahmen" (nicht gebuchte Betriebseinnahmen) einer GmbH jedem(!) Gesellschafter quotal als sogenannte verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zugerechnet werden können und damit entsprechende Einkommensteuerforderungen gegen diese Gesellschafter begründen können. Dies gilt auch dann, wenn zwar fest steht, dass es zu Schwarzeinnahmen gekommen ist, wenn jedoch unklar ist, ob und in welcher Höhe diese Gelder (an welchen) Gesellschafter weitergeflossen sind. Das Finanzamt muss nur hinreichend darlegen, dass es zu "Schwarzeinnahmen" gekommen ist und dass diese Einnahmen an die Gesellschafter geflossen sind. Die Gesellschafter sind sodann nach § 90 AO verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und die in ihrer Sphäre und ihrem Wissen liegenden Umstände offen zu legen. Ob nicht verbuchte Einnahmen betrieblich verwendet oder den Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zugeflossen sind, können nur die Gesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer nachweisen. Verweigern sie ihre Mitwirkung, geht dies zu ihren Lasten. Es ist dann im Zweifel davon auszugehen, dass der zusätzliche Gewinn an die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote ausgekehrt worden ist (s. zum Ganzen BFH-Urteile in BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160, unter II.3.; in BFH/NV 2014, 1501, Rz 16). Dies gilt zu Lasten des Gesellschafters auch, wenn der Verbleib nicht verbuchter Betriebseinnahmen unaufklärbar ist (BFH-Urteile in BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160, unter II.3.; in BFH/NV 2014, 1501, Rz 16). Die nicht feststehende betriebliche Verwendung der Mittel auf Ebene der Kapitalgesellschaft einerseits und deren nicht nachgewiesene Zuwendung an andere Empfänger als den oder die Gesellschafter andererseits indizieren eine durch das Gesellschaftsverhältnis verursachte quotale Auskehrung der Mehreinnahmen an alle Gesellschafter und den entsprechenden Zufluss der vGA.

Steuerrecht "aus dem Leben"

Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des

- Steuerstrafrechts
- Internationalen Steurrechts
- Steuerstrafrechts in Wirtschaftsdelikten
- Steuerstrafrechts im Bereich der Prostitution
zusammengestellt.

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