Cum/Ex-Strafurteil
Das Landgericht Bonn hat am 18.03.2020 das erste Strafurteil in einem Cum/Ex-Verfahren gefällt: Nach Ansicht des Gerichts sind Cum/Ex-Geschäfte strafbar! Trotz ihrer vorsätzlichen Beteiligung an solchen Geschäften und dem Schaden in Millionenhöhe erhielten die beiden Angeklagten jeweils Bewährungsstrafen plus einer Strafzahlung in Höhe von 14 Millionen Euro. Zusätzlich wurde gegenüber der Privatbank M.M. Warburg vom Gericht angeordnet, dass diese 176 Millionen Euro Steuerschulden zahlen muss. Das Gericht berücksichtigte bei dem relativ milden Strafmaß, dass die Angeklagten im vollem Umfang geständig waren und gegenüber den Ermittlungsbehörden und dem Gericht „minutiös“ die Hintermänner und Abläufe der Transaktionen geschildert hatten. Ihre Aussagen dürften die Grundlage für eine Vielzahl von weiteren Verfahren (und Verurteilungen) sein. Zumindest in der Vergangenheit hatten die Justizminister verkündet, dass jedes Cum/Ex-Verfahren öffentlich vor Gericht verhandelt werden wird und es keine „Deals“ geben wird – ob dies angesichts der Corona-Krise so bleibt, wird man abwarten müssen.Corona und Cum/Ex-Urteil
Aufgrund der aufkommenden organisatorischen Einschränkungen im Justizwesen durch das Corona-Virus soll das Urteil in dem ersten Cum/ex-Strafprozess vor dem Landgericht Bonn schon in dieser Woche (12. KW) fallen. Zur Vergegenwärtigung: Angeklagt sind zwei ehemalige britische Börsen- bzw. Fondshändler, die für einen Gesamtschaden in Höhe von ca. EUR 420 Mio (mit)verantwortlich sein sollen. Die Angeklagten haben bei der Staatsanwaltschaft und vor Gericht jeweils Geständnisse abgelegt und umfangreich zu den damaligen Vorgängen und den beteiligten Personen und Banken ausgesagt. Zu dem Gerichtsprozess wurden auch verschiedene Banken bzw. deren Tochtergesellschaften "beigeladen", um im Fall der Verurteilung der beiden Angeklagten auch diese als Mitverantwortliche in Haftung zu nehmen. Nachdem der Vorsitzenden Richter vor ca. 2 Wochen angedeutet hat, dass er eine Verurteilung der beiden Angeklagten für wahrscheinlich hält und ebenso eine Haftung der "beigeladenen" Banken/Fonds, wurden von letzteren noch einige ergänzende Beweisanträge gestellt. Das Gericht will diese Beweisanträge aber wohl im Urteil verwerfen. Von dem Urteil des Landgerichts Bonn dürfte eine Signalwirkung in strafrechtlicher wie auch in steuer(haftungs)rechtlicher Hinsicht ausgehen. Insbesondere Banken/ihre Tochtergesellschaften und deren Verantwortliche dürften sich nunmehr ernsthaften Haftungsfragen ausgesetzt sehen. Ferner dürfte eine Verurteilung durch das LG Bonn den Staatsanwaltschaften in den noch laufenden Ermittlungsverfahren erheblichen Rückwind verschaffen. Von Ermittlungsverfahren Betroffene sollten sich daher schon jetzt ihre Verteidigungsstrategien aktualisieren. Für steuerliche oder strafrechtliche Zweitmeinungen stehen wir gerne zur Verfügung.Cum/Ex: Justizminister verbietet „Deals“
Laut Presseberichten vom 16.02.2020 hat der NRW-Justizminister gegenüber den Staatsanwaltschaften in NRW „angeordnet“, dass alle Cum/Ex-Strafverfahren vor einem öffentlichen Gericht verhandelt werden. Mit anderen Worten, die sowohl bei Beschuldigten als auch Staatsanwaltschaften beliebten „Deals“ (z.B. Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Geldauflage, § 153a StPO), die eine öffentliche Gerichtsverhandlung vermeiden sollen, wird es nicht geben. Alle Cum/Ex-Beteiligte müssen mit einer öffentlichen Verhandlung vor Gericht rechnen. Da die (ausländischen) Steuererstattungsanträge über das in Bonn ansässig Bundeszentralamt für Steuern liefen (=Tatort), dürfte ein Vielzahl der Cum/Ex-Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landes Nordrhein-Westfalen fallen. Laut Pressemitteilungen soll das Landgericht Bonn bereits die Einrichtung von bis zu 10 neuen Strafkammern vorbereiten, welche hauptsächlich Cum/ex-Verfahren aburteilen sollen. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Beschuldigten frühzeitig mit erfahrenen Steuerstrafverteidigern über die weiteren Schritte beraten.Finanzgericht: Cum/Cum-Aktiengeschäfte unzulässig
Nach den Urteilen zu Cum/Ex-Aktiengeschäften nehmen sich die Finanzgericht nunmehr die andere Spielart der Aktiengeschäften vor: Das Finanzgericht Hessen hat am 28.01.2020 entschieden, dass Cum/Cum-Aktiengeschäfte, welche von ausländischen Aktieninhabern vorgenommen werden, nicht "funktionieren", da es nicht zu einem Wechsel der Eigentümerstellung kommen. Das Finanzgericht stellt ferner fest, dass es sich im Grundsatz um missbräuchliche Steuergestaltungen im Sinne § 42 AO handelt. Dies hat zur Folge, dass diese Vorgänge in steuerlicher Hinsicht rückabzuwickeln sind - dies könnte zu Millionenbelastungen bei Banken führen. Das letzte Wort in dieser Sache wird aber wohl der Bundesfinanzhof haben.Cum/Ex: Vermögensabschöpfung bei Banken und Privatanlegern
Mitte 2017 wurde das Recht der Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten neu geregelt und vereinfacht. Dieser „missliche“ Umstand kann nun für Banken und private Kapitalanleger, welche an Cum/Ex-Geschäften beteiligt waren, zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen führen. Es steht die Überlegung im Raum, dass der komplette „Gewinn“ aus diesen Geschäften eingezogen werden kann. WICHTIG: Die Einziehung gilt nicht als Strafe, daher spielt auch die Frage der Schuld keine Rolle! Betroffen von einer Einziehung ist jeweils derjenige, bei dem Gewinn letztendlich verblieben ist bzw. derjenige, der für die Straftat eine „Gebühr/Belohnung“ erhalten hat. In dem bundesweit ersten Cum/Ex- Strafprozess vor dem Landgericht Bonn hat der Richter auf Antrag der Staatsanwaltschaft bereits diverse Banken als sogenannte zu dem Strafverfahren beigeladen, dies erfolgte jedoch vor dem Hintergrund der möglichen Festsetzung einer Geldbuße nach § 30 OWiG. Dies bedeutet daher nicht, dass nicht auch private Kapitalanleger nach diesem Strafverfahren in einem gesonderten Einziehungsverfahren (§ 435 StPO) belangt werden können. Mit einer Verurteilung der Täter in dem Verfahren vor dem Landgericht Bonn würde im Grundsatz feststehen, dass es sich bei Cum/Ex-Geschäften der dortigen Täter (und Banken) um Steuerhinterziehung gehandelt hat – diese Verurteilung würde dann auf alle an konkret diesen Cum/Ex-Geschäften Beteiligte ausstrahlen und die Gewinne „infizieren“. Es erscheint angebracht, dass sich Kapitalanleger bereits im Vorfeld von versierten Steueranwälten beraten lassen, um eine Verteidigungsstrategie zu entwickeln. NACHTRAG vom 05.02.2020: In dem Strafprozess vor dem LG Bonn hat der Vorsitzende Richter darauf hingewiesen, dass er von den beigeladenen Banken ca. EUR 400 Millionen einfordern wird.Weitere Beiträge...
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