LG Bonn: Cum/Ex-Geschäfte strafbar
In dem ersten STRAFprozess wegen sogenannter Cum/Ex-Geschäften, die faktisch zu einer doppelten Erstattung von nur einmal gezahlter Kapitalertragsteuer führen, hat das Landgericht Bonn nach mehrwöchiger Beweisaufnahme eine "Zwischenbilanz" gezogen: Nach Ansicht der Richter sind die dort besprochenen Cum/Ex-Geschäfte ohne Zweifel als STEUERHINTERZIEHUNG zu werten. Aufgrund der Höhe der Beträge (hier: über EUR 400 Millionen) liege eine schwere Steuerhinterziehung vor. Nach Ansicht der Richter zielten die Geschäfte ganz bewußt auf die zweifache Erstattung der nur einmal gezahlten Steuer. Es muss nun "nur" der Tatbeitrag der jeweils beteiligten Personen oder Banken geklärt werden. Nachdem bereits das Finanzgerichts Köln in einem STEUERverfahren solche Cum/Ex-Geschäfte für steuerlich rechtswidrig erachtet hat, liegt nunmehr auch die erste Einschätzung eines STRAFgerichts zu der strafrechtlichen Seite vor. Gegen das Urteil des FG Köln wurde bereits Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt, dieser wird dann abschließend über diese Rechtsfrage urteilen. Zu dem noch zu sprechenden Strafurteil des LG Bonn, welche wohl Anfang 2020 fallen soll, ist die Revision zum Bundesgerichtshof möglich - dessen Entscheidung dürfte dann erst Ende 2020/Anfang 2021 fallen. Wer allerdings die Rechtsprechungslinien des BGH in den letzten Jahren zu Steuerhinterziehungstaten kennt, sollte nicht erwarten, dass der BGH sehr "verständnisvoll" mit den Tätern umgehen wird. https://www.steuerrecht.com/page_category/cumex/Cum/Ex-Verfahren: Erster Beschuldigter in U-Haft
In dem hinlänglich bekannten Cum/Ex-Verfahren ist zum ersten Mal ein Beschuldigter in Untersuchungshaft genommen worden. Nach Presseberichten wurde bestand die Befürchtung, dass sich der Beschuldigte in das Ausland absetzen könnte. Derzeit wird vor dem Landgericht Bonn der erste Strafprozess zu Cum/Ex-Geschäften geführt. Zwei ehemalige Fonds- und Finanzmanager aus Großbritannien sind der Beteiligung an tausenden Cum/Ex-Geschäften im Umfang von hunderten Millionen Euro beschuldigt. Die damals in London tätigen Angeklagten haben die Vorwürfe eingeräumt und umfangreich ausgesagt. In ihren Aussagen haben sie unter anderem auch mehrere Banken und Steuerberater der Mithilfe beschuldigt. Insgesamt sollen bundesweit gegen ca. 400 weitere Beschuldigte Ermittlungsverfahren geführt werden. Nachdem mit der ersten Festnahme nun der "Damm gebrochen" scheint, dürfte sich die Frage stellen, ob auch nun auch noch andere Beschuldigte "vorsorglich" in U-Haft genommen werden, da im Fall einer Verurteilung mehrjährige Haftstrafen zu erwarten sind. Beschuldigte/Betroffene sollten sich daher um fachkundige Beratung durch Fachanwälte für Steuerrecht bemühen, um den Vorwürfen auf "steuerlicher" Ebene zu begegnen.BGH zur Einziehung von Vermögen bei Steuerhinterziehung
Nach der Reform der Vermögensabschöpfung im Strafrecht im 2017 häufen sich nunmehr die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zu diesem Themenbereich. So hat der BGH am 11.07.2019 entschieden, dass eine Vermögensabschöpfung bei Hinterziehung von Tabaksteuer nur dann rechtmäßig ist, wenn das Vermögen des Täters durch die Steuerhinterziehung tatsächlich "vermehrt" wurde: "Der Einziehung unterliegender wirtschaftlicher Vorteil liegt bei einer Hinterziehung von Tabaksteuer nur vor, soweit sich die im Wert der Tabakwaren verkörperte Steuerersparnis im Vermögen des Täters widerspiegelt." Die Einziehung knüpft an einen DURCH die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil an und verlangt damit mehr als die bloße Tatbestandserfüllung. Offene Steuerschulden begründen NICHT stets über die Rechtsfigur der ersparten Aufwendungen einen Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Maßgeblich bleibt immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen des Täters widerspiegelt. NUR DANN hat der Täter durch die ersparten (steuerlichen) Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt. Zu unterscheiden ist dies von der 2. Tatbestandalternative, nämlich wenn der Täter FÜR die Straftat/Steuerhinterziehung etwas erlangt hat, z.B. der Fahrer des Zigaretten-Schmuggel-LKWs erhält pro Fahrt EUR 1.000,--. Diese EUR 1.000,-- hat er FÜR die Steuerhinterziehung erlangt und diese unterliegen der Einziehung.BGH ändert Rechtsprechung zur Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen
Wie bereits in unserem News-Beitrag vom März 2019 angekündigt, hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung betreffend § 266a StGB (Hinterziehung von Sozialabgaben) geändert (Beschluß vom 24.09.2019). Die Änderung wird insbesondere Entleihern von (Zeit)Arbeitnehmern oder die Beschäftigung von (scheinselbständigen) Subunternehmern betreffen. Nach dem bisherigen Verständnis des BGH war es für eine Strafbarkeit nach § 266a StGB ausreichend, wenn der „Arbeitgeber“ die Tatsachen kannte, die ihn bei korrekter rechtlicher Würdigung zum Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne machten – ob er seine Arbeitgeberstellung aber tatsächlich erkannt oder für möglich gehalten hat, war unerheblich. Nunmehr erwägt der BGH, dass für die Erfüllung des (subjektiven) Tatbestandes des § 266a StGB auch erforderlich ist, dass der „Arbeitgeber“ seine Arbeitgeberstellung erkennt, er die bekannten Tatsachen also juristische korrekt bewertet. Unterliegt der „Arbeitgeber“ diesbezüglich eines Irrtums, so soll dieser Irrtum nunmehr vorsatzausschließend (sogenannter Tatbestandsirrtum) sein. Dann käme theoretisch nur noch eine Bestrafung wegen Fahrlässigkeit in Betracht, § 266a StGB kennt jedoch keine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit.Steuerberaterfehler = Steuerhinterziehung?
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut zur der Frage Stellung genommen, ob eine Falschberatung durch einen Steuerberater zu einer Steuerhinterziehung beim Mandanten führt. Der Steuerberater hatte die Umsatzsteuerpflicht von bestimmten Umsätzen falsch beurteilt und der Steuerpflichtige hatte auf diese Auskunft vertraut. Der BGH stellte klar, dass der Steuerpflichtige sich nicht der Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat, da er auf die Auskunft des Steuerberaters vertraute - daher lag ein sogenannter tatbestandsausschließender Irrtum vor. Dies führt dazu, dass der Vorwurf gegen den Steuerberater wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung entfällt, da die Haupttat (des Steuerpflichtigen) nicht (mehr) vorliegt. Ein Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft durch den Steuerberater dürfte in den meisten Konstellationen auch ausfallen, da der Steuerberater in der Regel kein direktes (wirtschaftliches) Interesse an Haupttat hat. Ferner scheidet nach BGH eine leichtfertige Steuerhinterziehung nach $ 378 AO aus, da der Steuerberater die Steuererklärungen nur vorbereitet und die Tathandlung (Abgabe) durch den Steuerpflichtigen erfolgt. Interessant sind auch die Ausführungen des BGH zu einer Einziehung/Abschöpfung des Steuerberaterhonorars. Unabhängig davon, dass keine Steuerhinterziehung vorlag war dies auf folgenden Gründen nicht möglich: Der Steuerberater hat aus der/für die Umsatzsteuerhinterziehung nichts erlangt: Seine Honorar basierte auf dem Steuerberatervertrag und die Gesellschaft des Steuerpflichtigen konnte dieses Honorar auch ohne Steuerhinterziehung problemlos zahlen. "Für" die Steuerhinterziehung hat der Steuerberaters nichts erlangt, da auch er hinsichtlich seiner Falschberatung gutgläubig war.Weitere Beiträge...
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