Schätzung bei Kapitalvermögen im Ausland
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich eine Entscheidung (VIII R 51/14) zu der Frage der Zurechnung von Kapitaleinkünften aus ausländischen Depots veröffentlicht. Die Entscheidung erging zu Gunsten des Steuerpflichtigen. In dem Verfahren war strittig, ob die Finanzverwaltung einem Steuerpflichtigen Kapitalerträge aus ausländischem Vermögen zuschätzen darf, obwohl dieser das entsprechende Wertpapierdepot im Ausland bereits vor vielen Jahren vollständig aufgelöst hat und der weitere Verbleib des Vermögens nicht mehr aufgeklärt werden kann. Das Finanzamt vertrat den Standpunkt, dass der Steuerpflichtige den Nachweis zu führen habe, was mit dem damaligen Vermögen nach Auflösung des Depots geschehen sei. Sollte er hierzu nicht in der Lage sein, so gehe dies zu Lasten des Steuerpflichtigen. Der BFH ist dieser Ansicht des Finanzamtes nicht gefolgt und hat das Verfahren an das Finanzgericht zur Vornahme weiterer Ermittlungen zurückverwiesen: "Allein der Umstand, in der Vergangenheit über ein ausländisches Wertpapierdepot verfügt zu haben, reicht im Fall der Auflösung dieses Depots auch unter Berücksichtigung eines verminderten Beweismaßes wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht aus, dem Steuerpflichtigen den entsprechenden Kapitalstamm in den Folgejahren unverändert als Grundlage der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen."Weltweiter Austausch von Kontodaten am 30.09.2017 gestartet
Am 30.09.2017 haben Deutschland und 49 andere Staaten (z.B. Bermuda, Cayman Islands, Luxemburg, Liechtenstein, Österreich, Isle of Man, Guernsey, Irland, Sychellen etc.) erstmalig Informationen über Finanzkonten (automatisch) ausgetauscht. Im September 2018 werden weitere 60 Länder an dem Austausch teilnehmen. Betroffen von dem Informationsaustausch sind sämtliche Steuerpflichtige, die in dem jeweils anderen Staat Finanzkonten unterhalten. Zu Finanzkonten zählen unter anderen Konten, Depots, Trusts, Lebensversicherungen, Treuhandverhältnisse. Der Austausch der Finanzdaten soll bisher nicht erklärte Kapitaleinkünfte bzw. bisher verschwiegenes Vermögen aufdecken. Damit droht bisher nicht entdeckten Steuerhinterziehern die unmittelbare Gefahr der Aufdeckung. Die Daten aus dem Ausland, welche deutsche Steuerpflichtige betreffen, werden zentral an das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn übermittelt. Von dort werden die Daten an jeweils zuständigen Finanzämter in Deutschland verteilt. Die Finanzämter werden dann die erhaltenen Daten mit den ihnen vorliegenden Steuererklärungen bzw. sonstigen Unterlagen abgleichen. Bis zu diesem Zeitpunkt des Abgleichs der Daten in dem jeweiligen Finanzamt kann noch die Möglichkeit bestehen, eine strafbefreiende Selbstanzeige einzureichen.BFH ändert Rechtsprechung zu Darlehen/Bürgschaften durch GmbH-Gesellschafter!
Der BFH hat mit einem heute veröffentlichten Urteil vom 11.7.2017 (IX R 36/15) seine Rechtsprechung zu eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen durch GmbH-Gesellschafter grundlegend geändert! Bisher konnten GmbH-Gesellschafter, welche ihrer Gesellschaft Darlehen oder Bürgschaften gewährten hatten, diese Finanzierungshilfe unter bestimmten Umständen im Fall der Insolvenz der Gesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen § 17 EStG steuerlich geltend machen. Im Jahr 2008 hat jedoch der Gesetzgeber mit dem MoMiG die Systematik der eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen geändert und diesen Bereich dem Insolvenzrecht zugeordnet. Diese Wesensänderung des Eigenkapitalersatzrechts hat nun den BFH bewogen, seine Rechtsprechung dieser Neuerung anzupassen: Nunmehr kann der Ausfall von eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen im Grundsatz nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten geltend gemacht werden. ERSTMALS hat der BFH jedoch die Anwendung seiner neue Rechtsprechung zeitlich auf den Zeitraum ab dem 27.09.2017 beschränkt: Für alle Sachverhalte bis zum 27.09.2017 gilt ein Vertrauensschutz und es sind die Grundsätze der alten Rechtsprechung noch anwendbar. Der Änderung der Rechtsprechung des BFH dürfte erhebliche Konsequenzen für die zukünftige Gestaltung von Finanzierungshilfen durch Gesellschafter haben. N A C H T R A G: Mit Urteil vom 24.10.2017 (VIII R 13/15) hat der BFH entschieden, dass der Ausfall von privaten Darlehensforderungen aufgrund Insolvenz des Schuldners ab dem Jahr 2009 als Verlust bei Kapitalvermögen anzuerkennen sind. Dieser Sachverhalt lässt sich auch auf GmbH-Gesellschafter übertragen, welche der GmbH ein Darlehen gewähren. Soweit der Gesellschafter zu mehr als 10% an der GmbH beteiligt ist, (§ 32d Absatz 2 Nr. 1 EStG), ist der Verlust in voller Höhe und unbeschränkt verrechenbar! Mit dem neuen Urteil des BFH vom 24.10.2017 ist damit etwas Schärfe aus der Entscheidung vom 11.07.2017 genommen.Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Verwertung von Zufallsfunden bei rechtswidriger Durchsuchung zulässig
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat kürzlich eine für Beschuldigte deutlich ungünstige Entscheidung getroffen (EGMR-urteil vom 03.03.2016 - 7215/10): Nach seiner Ansicht ist es zulässig, dass bei rechtswidrigen(!) Durchsuchungen zufällig aufgefundene Beweise in einem Strafverfahren verwertet werden dürfen. In dem vorliegenden Fall war der Betroffene verdächtig worden, über das Internet gefälschte Uhren zu verkaufen. Das Amtsgericht erließ einen entsprechenden Durchsuchungsbeschluss. Bei der Durchsuchung wurden keine gefälschten Uhren gefunden, jedoch wurden zufällig ca. 450 Gramm an Haschisch gefunden. Später stellten verschiedene Gerichte fest, dass der Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig war und hoben den Durchsuchungsbeschluss auf. Allerdings wurde der Betroffene wegen des Besitzes des Haschisch angeklagt und verurteilt. Die deutschen Gerichten urteilten, dass es zulässig sei, das bei der rechtswidrigen Durchsuchung aufgefunden Haschisch als Beweis zu verwenden, da das öffentliche Interesse an einer Verfolgung und Bestrafung von Betäubungsmittelstraftaten höheres Gewicht habe, als das Grundrecht(!) des Betroffenen auf Schutz der Unverletzlichkeit seiner Wohnung (Art. 13 GG). Nachdem auch das Bundesverfassungsgericht die Einwände des Betroffenen zurückgewiesen hatte, wandte sich dieser an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der EGMR zog sich auf den Standpunkt zurück, dass es in erster Linie eine Angelegenheit der nationalen Gerichte sei, über die Verwertung von Beweismitteln zu entscheiden. Der EGMR würde in diesen Fällen nur "einschreiten", wenn sich das deutsche Gerichtsverfahren als "unfair" erweisen würde. Da der Betroffene jedoch in dem deutschen Verfahren die Möglichkeit gehabt habe (und auch mehrfach ergriffen habe), der Verwertung des Beweises zu widersprechen, sei das (Gerichts)Verfahren in Deutschland fair gewesen. Die Entscheidung des EGMR ist bedauerlich und zu kritisieren. Die Entscheidung höhlt das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung faktisch aus, da selbst bei einer rechtswidrigen Durchsuchung die Behörden die Strafverfolgung weiterbetreiben können, als sei nichts geschehen.FG Münstern: 6%-Verzinsung von Steuerschulden verfassungsgemäß
Steuerschulden werden nach § 233a der Abgabenordnung (AO)mit 6% p.a. verzinst. Dieser Zinssatz soll den (wirtschaftlichen) Vorteil abschöpfen, den ein Schuldner aus der verspäteten Zahlung seiner Steuerschulden zieht. Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 ist das allgemeine Zinsniveau jedoch dramatisch gefallen, auch wenn im Detail strittig ist, welcher Marktzins (Kreditzinsen, Verzugszinsen, Basiszinsatz?) als Referenzzinssatz betrachtet werden muss. Jedenfalls sei die Differenz zwischen gesetzlich festgesetzen Zins in § 233a AO und den gängigen Marktzinsen derart erheblich. In einem aktuellen Verfahren vor dem Finanzgericht Münster klagten die dortigen Kläger gegen einen gegen sie gerichteten Zinsbescheid. Sie trugen unter anderem Vor: "Der Unterschied des o.g. Zinssatzes von 6 % zum realen Zinsniveau sei inzwischen so groß, dass die von der Verzinsung mit dem Zinssatz von 6 % ausgehende wirtschaftlich ungleiche Wirkung das zulässige Maß überschreite. Auch Typisierungs- und Vereinfachungsgründe könnten den Zinssatz in diesem Zeitraum nicht mehr rechtfertigen." Das FG Münster wies die Klage mit Urteil vom 17.08.2017 (10 K 2472/16) ab: Die Regelung des § 233a AO bewege sich (immer noch) innerhalb des dem Gesetzgeber zugestandenen Typisierungsrahmen. Die Regelung sei inbesondere unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Themenkomplex (BVerfG, Beschluss vom 3.9.2009 1 BvR 2539/07) und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (zuletzt BFH-Beschluss vom 21.10.2015 V B 36/15) (noch) verfassungsgemäß. Allerdings hat das FG Münster die REVISION zum BFH zugelassen.Weitere Beiträge...
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