Österreich: Registrierkassenpflicht ist verfassungsgemäß, da dadurch Steuerhinterziehung bekämpft wird
In Österreich ist es ab dem 01.01.2016 Pflicht, ab einem bestimmten Umsatz sämtliche Barzahlungen mit einer elektronischen Registrierkasse bzw. eines sonstigen elektronischen Aufzeichnungssystems zu erfassen. Eine Modedesignerin, ein Taxiunternehmer und eine Schreinerei klagten gegen diese Verpflichtung vor dem Österreichischen Verfassungsgerichtshof, da sie diese Verpflichtung als einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Recht auf freie Berufs-/Erwerbsausübung ansahen. Der Östereichische Verfassungsgerichtshof wies jedoch alle Klage ab. Der Eingriff in die Freiheit der Erwerbsausübung sei gerechtfertigt (auch gegenüber Kleinunternehmer), da mit der Einführung der Registrierkassenpflicht die Gefahr der Steuerhinterziehung bei Bargeschäften eingedämmt werden soll. Die Bekämpfung der Steuerhinterziehung liege im öffentlichen Interesse. ERGÄNZUNG: Ab dem 01.01.2017 ist es in Österreich zudem vorgeschrieben, manipulationssichere Registrierkassen zu verwenden.WICHTIG: BGH verschärft Rechtsprechung zur Steuerhinterziehung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Rechtsprechung zur Steuerhinterziehung mit einem am 05.02.2016 veröffentlichten Urteil erheblich verschärft! Nunmehr liegt in der Regel bereits ab einem Hinterziehungsvolumen von EUR 50.000,-- eine besonders schwere Steuerhinterziehung im Sinne § 370 Absatz 3 Nr. 1 AO (Strafrahmen: 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsentzug) vor. Nach seiner bisherigen Rechtsprechung lag ein "besonders schwerer Fall"bei einer unvollständige Steuererklärung die nur zu einer Gefährdung des Steueranspruchs führt, erst ab einem Betrag über EUR 100.000,- vor. Führten die unvollständigen Angaben des Steuerhinterziehers zu einer "Auszahlung" oder Rückerstattung an ihn, so lag ein besonders schwerer Fall bereits ab EUR 50.000,-- vor. Rein faktisch galt damit für Privatpersonen und kleinere Unternehmer die Schwelle von EUR 100.000,--. Nunmehr hat der BGH diese Differenzierung AUSDRÜCKLICH aufgegeben: Jede Steuerhinterziehung gilt ab einer Höhe von EUR 50.000,-- als besonders schwerer Fall - ob es "nur" zu einer Gefährdung des Steueranspruchs oder einer Auszahlung kommt, ist nicht mehr ausschlaggebend. Der BGH begründet seinen Rechtsprechungswechsel mit systematischen Erwägungen (Urteil vom 27.10.2015, 1 StR 373/15).Präzedenzfall: Bundesverfassungsgericht contra EU-Haftbefehl
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat ein bedeutendes Urteil zum Verhältnis von deutschem Verfassungsrecht zu EU-Recht gefällt. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt in dem Urteil, dass EU-Recht in der Normhierachie im Grundsatz über dem deutschen Verfassungsrecht steht und daher Rechtsakte der EU nicht am Maßstab des Grundgesetzes überprüft bzw. für ungültig erklärt werden können. Allerdings bekräftigt das BVerfG in seinem Urteil auch seine Auffassung, dass die Verfassung der Bundesrepublik Soveränitäts(Kern)Bereich aufweisen, welche nicht auf die EU übertragen werden könnten und die damit in der Normhierachie neben bzw. über dem EU-Recht stehen. Dies gilt insbesondere für den in Artikel 1 GG niedergelegten Schutz der Menschenwürde und seine Ausprägungen in den verschiedenen Rechtsmaterien. Im Strafrecht sei z.B. der Grundsatz, dass niemand ohne bestraft werden darf, dessen Schuld nicht in einem rechtstaatlichen Verfahren geprüft und festgestellt worden ist. Kernbestandteil eines rechtstaatlichen (Straf)Verfahrens ist es, dass der Beschuldigte sich persönlich vor dem rechtsprechenden Gericht verteidigen kann. Verfahren/Urteile in Abwesenheit eines Beschuldigten sind daher nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. In dem vorliegenden Fall verwarf daher das BVerfG eine italienischen EU-Auslieferungshaftbefehl gegen einen in Deutschland ansässigen US-Staatsangehörigen, da der Haftbefehl auf einem italienischen Urteil beruhte, welches in Abwesenheit des Beschuldigten ergangen war. Hauptgrund für die negative Entscheidung des BVerfG war der Umstand, dass die italienischen Gerichte/Behörde nicht hinreichend deutlichen machen konnten, dass dem US-Bürger nach seiner Auslieferung von Deutschland nach Italien die Möglichkeit eines umfassenden Berufungsverfahrens eröffnet war.FG Köln zu EU-Amtshilfe: Deutsche Behörden müssen Zwangsvollstreckungsersuchen des griechischen Fiskus über EUR 36 Mio gegen deutschen Geschäftsführer ohne eigene Prüfung Folge leisten
Das Finanzgericht Köln hat am 30.09.2015 (Az.: 14 K 2097/13) eine Entscheidung getroffen, die von nicht unerheblicher Tragweite für (ehemalige) Geschäftsführer griechischer Unternehmen sein dürfte: Nach griechischem Steuer - und Gesellschaftsrecht haftet der im Zeitpunkt einer Löschung wegen Insolvenz amtierende Geschäftsführer für die in diesem Zeitpunkt noch bestehenden Steuerschulden - unabhängig davon, aus welchen Jahren diese Steuerschulden herrühren und wann diese festgesetzt werden. In dem vorliegenden Fall machte der griechische Fiskus gegenüber einem in Deutschland ansässigen ehemaligen Geschäftsführer einer griechischen Aktiengesellschaft ausstehende Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer in Höhe von ca. EU 36 Mio. geltend. Die Forderungen resultierten aus einer Betriebsprüfung der griechischen Behörden, nachdem die griechisches AG Insolvenz angemeldet hatte. Bei der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die Buchführung der AG erheblich fehlerhaft war. Die Buchführung wurde daher verworfen und es wurden Schätzungsbescheide erlassen. Nachdem die AG in Griechenland aufgrund der Insolvenz über kein Vermögen mehr verfügte, beantragte der griechische Fiskus im Wege der EU-Amtshilfe (Richtlinie 2010/24/EU vom 16. März 2010)---in Deutschland umgesetzt durch EU-Beitreibungsgesetz - EUBeitrG---die Vollstreckung der Steuerforderungen durch die deutschen Behörden gegenüber dem deutschen Geschäftsführer. Nachdem das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn gegenüber dem Geschäftsführer die Beitreibung der Steuerforderungen angekündigt hatten, erhob dieser Klage vor dem FG Köln. Das FG Köln wies diese Klage als unzulässig ab, da es die deutschen Behörden für verpflichtet hält, einem Beitreibungsersuchen eines anderen EU-Staates Folge zu leisten, ohne dessen inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen (in diese Richtung auch: BFH Urteil vom 24.02.2015 - VII R 1/14). TatbestandAuf den Umstand, dass der Geschäftsführer des Unternehmens mitteilte, dass ihm im Rahmen der Betriebsprüfung in Griechenland angeboten worden sein soll, dadurch zu minimieren, dass er einen Teil der Nachzahlung als Bestechungsgeld an die Finanzbeamten zahlt ging das FG Köln ebensowenig ein, wie auf den hinlänglich bekannten Umstand, dass es sich bei Griechenland um einen nur "teilfunktionalen" Staat handelt.Haftung des UG-Geschäftsführers für Steuerschulden
Entgegen einer leider unter steuerjuristischen Laien sehr verbreiteten Ansicht, schützt eine UG/Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) den Geschäftsführer nicht immer vor einer Inanspruchnahme für Steuerschulden der Gesellschaft. Exemplarisch führt dies eine Entscheidung des Verwaltungsgericht Koblenz vom 13.11.2015 vor Augen: Die Klage einer Geschäftsführerin einer insolventen UG gegen einen Haftungsbescheid für von der UG nicht gezahlte Gewerbesteuer. Das Verwaltungsgericht verwarf alle Einwände der Geschäftsführerin. Allerdings hatte sich die Geschäftsführerin bei der Vertretung der UG sehr "ungeschickt" angestellt: In den drei Jahren der Existenz der UG ließ die Geschäftsführerin keine Buchhaltung erstellen, gab keine Steuererklärungen ab und verweigerte auch nach Aufforderung durch das Finanzamt jegliche Mitwirkung. Nachdem das Finanzamt Schätzungsbescheide erlassen hatte, legte die Geschäftsführerin zwar Einspruch ein, zog diese Einsprüche später aber wieder zurück. Die UG fiel zwischenzeitlich in die Insolvenz. Die komplette Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten führte nun dazu, dass das Verwaltungsgericht den Haftungsdurchgriff auf die Geschäftsführerin für rechtmäßig erachtete. Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sollten sich unbedingt dann anwaltlich beraten lassen, wenn sich abzeichnet, dass ihre Gesellschaft in einer wirtschaftliche Schieflage gerät. Die anwaltliche Beratung kann hier vorbeugend eingreifen, um eine persönlichen Haftung für Steuerschulden der womöglich später insolvente Gesellschaft zu verhindern.Weitere Beiträge...
Steuerrecht "aus dem Leben"
Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
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