Jetzt noch beraten lassen: Vererbung von Immobilien ab 01.01.2023 deutlich teurer
Am 16.12.2022 soll der Bundesrat seine Zustimmung erteilen. Zwar könnte er die Zustimmung verweigern, aber das Jahressteuergesetz kann in 2023 auch noch mit Rückwirkung auf den 01.01.2023 in Kraft treten. Eine wichtige Änderung zum 01.01.2023 betrifft die Bewertung von Immobilien - diese werden in Zukunft deutlich höher bewertet und damit fallen im Erbfall oder bei einer Schenkung deutlich höhere Steuern an!Nachfolgend ein BEISPIEL: Das Ehepaar A und B bewohnt eine Immobilie, die A gehört. A besitzt eine weitere Vermietungsimmobilie und daneben besteht ein Bankdepot. Die im Folgenden genannten Zahlen verdeutlichen ein Prinzip, sind aber noch nicht genau berechnet.
Aktuell geltende Regelung/ Steuerbeurteilung (bis 31.12.2022) Im Todesfall des A geht die gesamte Erbmasse auf B über. B macht nun geltend, dass der Zugewinn aufgelöst wird. Deshalb entsteht für die hälftige Erbschaft keine Erbschaftsteuer. Weiter gilt der Ehegattenfreibetrag nach § 16 ErbStG in Höhe von 500.000€ und ein Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000€ nach § 17 ErbStG.
Die weitere Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG betrifft das Erben eines Familienheims, wenn der Erblasser (A) das Familienheim zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat (oder aus zwingenden Gründen an der entsprechenden Nutzung gehindert war) und der erbende Ehegatte (B) diese Immobilie zu eigenen Wohnzwecken weiter nutzt (in einem MFH gilt dies nur für die selbstgenutzte Wohnfläche (Whg. A&B). Allerdings steht die Steuerbefreiung unter einem Nachsteuervorbehalt des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG. So heißt es in der Rechtsvorschrift: „Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber (B) das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.“ Die Steuerbefreiung setzt also voraus, dass der überlebende Ehegatte (B) die Wohnung in den folgenden zehn Jahren zu eigenen Wohnzwecken nutzt.
Es kann daher sein, dass im Wesentlichen der Wert der vermieteten Immobilien bei der Beurteilung eine Rolle spielt. Die Änderung der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) zum 01.01.2023 muss daher beachtet werden, denn die steuerliche Wertermittlung von Immobilien ist stärker als bisher an die aktuellen Verkehrswerte gekoppelt. Das bedeutet, dass der auf dem Markt erzielbare Verkaufspreis den steuerlichen Wert von Häusern und Wohnungen bestimmt (Schätzung Eigentümerverband Haus&Grund in Einzelfällen bis zu 50%).
Aktuell, d.h. bis zum Jahreswechsel, wendet das Finanzamt drei verschiedene Verfahren an, die den Wert der vermieteten Immobilien für die Zwecke der Erbschaftsteuer bestimmen. Hier kommt insbesondere das Ertragswertverfahren zur Wertbeurteilung in Betracht. Bei diesem stehen die Erträge, die wirtschaftliche Restnutzungsdauer und der Bodenwert im Vordergrund. Es kommt für renditeorientierte Immobilienarten zur Anwendung, etwa für Mehrfamilien- sowie Geschäftshäuser und Gewerbeimmobilien. Es könnte beispielsweise sein, dass der objektive Verkehrswert der vermieteten Immobilien vielleicht mit 3 Millionen € zu veranschlagen ist, dieser Verkehrswert für die Zwecke der Erbschaftsteuer jedoch nicht erreicht wird, weil nach der gegenwärtigen Bewertungsmethode (bis 31.12.22) lediglich 1,5 Millionen€ zugrunde zu legen sind. Vereinfachten muss daher unterstellt werden, dass U nach Gesetzeslage bis 31.12.2022 den Zufluss von 1,5 Millionen€ (betreffend die vermieteten Objekte) zu versteuern hat. Für den Ehegatten (U) gilt Steuerklasse I. Bei einem steuerpflichtigen Anteil von 744.000,00€ (abzgl.§ 16, abzgl § 17 ErbStG) . Bei einem Steuersatz von 19 % kommt also eine Erbschaftsteuer in Höhe von 141.360 ,00€ in Betracht.
Rechenbeispiele:
Steuerliche Beurteilung anhand eines Rechenbeispiels bis 31.12.2022: 1,5 Mio.€
abzgl. 500.000€ (§16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)
abzgl. 256.000€ (§ 17 Abs. 1 Satz 1 ErbStG)
= 744.000€ bei Steuerklasse 1 mit 19% = 141.360€ Steuerlast
Steuerliche Beurteilung anhand eines Rechenbeispiels ab 01.01.2023 3 Mio.€
abzgl. 500.000€ (§16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)
abzgl. 256.000€ (§ 17 Abs. 1 Satz 1 ErbStG)
= 2,244.000€ bei Steuerklasse 1 mit 19% = 426.360€ Steuerlast
Weitere Übertragung auf D:
3 Mio abzgl. 0€ bei 30% Steuern = 1Mio
Gesamtsteuerlast 1.426.360€
Abwandlung:
A hat zu Lebzeiten die Immobilie bereits an D verschenkt. Die Schenkung war verbunden mit der Bestellung des lebenslangen Nießbrauchs an den Erträgen der vermieteten Objekte. Der lebenslange Nießbrauch war so ausgestaltet, dass dieser nicht nur A zur Verfügung stand, sondern auch B. Der jeweils Längstlebende aus der Ehe sollte seinen Lebensunterhalt aus den Mieterträgen bestreiten können.
Die Schenkung bzw. Erbschaft an P war ohnehin vorgesehen. Die Schenkung wurde vorgezogen, da die Methoden der Bewertung der Vermietungsobjekte zum Jahreswechsel 2022/2023 eine dramatische Verschlechterung aufweisen (vgl. oben).
Die Abwandlung führt nun zu nachfolgenden Überlegungen: Zunächst muss D die Schenkung der Vermietungsimmobilien versteuern. Von dem bis zum 31.12.2022 geltenden Steuerwert (im Beispiel 1,5 Millionen) ist jedoch der Betrag abzuziehen, der um den Steuerwert der vermieteten Immobilien durch die Einräumung des Nießbrauch zu Gunsten des Längstlebenden zu mindern ist. Der Wert des Nießbrauchrechts ermittelt sich gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 14 ff. BewG. Da es sich um ein lebenslanges Nießbrauchsrecht handelt, ist der anhand der ortsüblichen Miete ermittelte Jahreswert mit dem Vervielfältiger für die Lebenserwartung des Längstlebenden zu multiplizieren. Als jährlicher Höchstbetrag für den Wert des Nießbrauchrechts ist jedoch gem. § 16 BewG maximal der durch 18,6 geteilte Wert des Grundstücks anzusetzen. Diese Berechnung habe ich nicht ausgeführt. Wir unterstellen für dieses Beispiel, dass sich der Steuerwert der vermieteten Immobilien von 1,5 Millionen auf vielleicht 1,2 Millionen Euro mindert. D zahlt dann bei einem Steuersatz in Höhe von 30 % einen Steuerbetrag von 400.000,00 €
B, die durch die Abwandlung zwar nicht in den Genuss des Eigentumsrechtes an den vermieteten Immobilien gelangt, wird jedoch lebenslang Nutznießer der Erträge aus diesen Immobilien. Die Zuwendung des Rechtes der lebenslangen Nutzung im Verhältnis von A an B dürfte im steuerfreien Bereich der Aufgabe der Zugewinngemeinschaft untergehen. B wird in Zukunft, daran ändert sich durch die Abwandlung nichts, die Erträge aus den Vermietungseinkünften versteuern.
Sehr vereinfacht ist hier als Fazit festzuhalten, dass durch die hier vorgestellte Überlegung der Staat rund 1 Million € weniger an Steueraufkommen zu vergegenwärtigen hat. Davon spart A 426.360€ und D rund 600.000€.
EuGH: Deutscher Strafzuschlag bei Verstoß gegen Aufzeichnungspflichten zulässig
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 13.10.2022 festgestellt, dass die deutschen Finanzämter bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten des § 90 Absatz 3 AO und § 162 Absatz 4 AO Strafzuschläge verhängen dürfen. § 90 Absatz 3 AO legt fest, dass Steuerpflichtige die Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen/Unternehmen im (EU)Ausland unterhalten, hierrüber umfangreiche Aufzeichnungen zu führen haben. Wird diese Verpflichtung nicht oder nur unzureichend erfüllt oder werden die Aufzeichnungen dem Finanzamt nicht vorgelegt, so ist das Finanzamt zur Schätzung befugt und kann ferner einen Strafzuschlag von mindestens EUR 5.000,-- festsetzen. Der EuGH hat nun entschieden, dass diese Regelung nicht gegen EU-Recht verstößt. Der EuGH begründet dies damit, dass die Aufzeichnungspflicht dem berechtigten Interesse des Mitgliedsstaates (hier: Deutschland) dient, eine effiziente Prüfung dahingehend durchzuführen, ob durch unangemessene Vereinbarungen Steuersubstrat ins Ausland abfließt. Daraus folgt, dass auch "Strafvorschriften", welche dafür sorgen sollen, dass die Aufzeichnungspflichten eingehalten werden im Grundsatz zulässig sind. Da der deutsche Gesetzgeber die "Strafzuschläge" prozentual gestaffelt (5% bis max. 10%) gestaffelt und noch oben begrenzt hat, ist auch die Regelung über die Strafzuschläge verhältnismäßig und damit zulässig.EuGH: Finale ausländische Betriebsstättenverluste nicht abziehbar
Der EuGH hat auf Anfrage des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass finale Verluste einer ausländischen Betriebsstätte (UK) nicht zwingend von der Muttergesellschaft im Inland (Deutschland) zum Abzug zugelassen werden müssen: Hat Deutschland aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) darauf verzichtete, die Gewinne der ausländischen Betriebsstätte der Steuer zu unterwerfen, so ist es gerechtfertigt, dass Deutschland auch die Verluste der ausländischen Betriebsstätte nicht zum Abzug zulässt. Dies gilt auch dann, wenn die Verluste der ausländischen Betriebsstätte „final“ sind, d.h. im ausländischen Staat nicht weiter steuerliche geltend gemacht werden können. -EuGH-Urteil vom 22. September 2022, Rechtssache C-538/20-Steuerfahndung und Telefonüberwachung
Die Steuerfahndung in Mannheim hat im Rahmen eines Pilotprojekts eigene Geräte und Software zur Telefonüberwachung erhalten. Sie ist damit nicht mehr auf die Geräte bzw. die Amtshilfe der Polizei angewiesen. Seit Mitte 2021 darf die Steuerfahndung in Deutschland im Bereich der schweren Steuerhinterziehung (ab EUR 50.000,--) Verdächtige "abhören", soweit es sich um Mitglieder einer Bande handelt. Bis Mitte 2021 war dies nur im Bereich der Umsatzsteuerhinterziehung erlaubt, nunmehr ist dies bei allen Steuerarten zulässig. Wie bisher schon auch, ist jedoch die Überwachungsmaßnahme vorher durch einen Richter zu genehmigen.Vorsteuerabzug im USt-Karussell und Strafrecht
Wie bereits in einer vorherigen „Newsbox“ auf dieser Seite dargestellt wurde, ist auch Europäische Gerichtshof (EuGH) der Ansicht, dass ein Vorsteuerabzug zu versagen ist, wenn der Unternehmer wusste oder hätte wissen können, dass der Kauf Teil eines Umsatzsteuerkarussells ist. Dass dies auch strafrechtliche Auswirkungen hat, wird an einem Strafverfahren deutlich, dass zur Verurteilung (4,5 Jahre Freiheitsstrafe) des Inhabers des größten Münzhändlers in Deutschland geführt hat. Dieser war in ein grenzüberschreitendes Umsatzsteuerkarussell involviert und hätte diese laut Urteil des Landgerichts Hamburg auch erkennen können bzw. nahm dies billigend in Kauf. Hierdurch war der Vorsteuerabzug in Höhe von 20 Mio. Euro unberechtigt und was der Münzhändler folgerichtig auch billigend in Kauf genommen haben soll. Das Landgericht stützt seine Schlussfolgerungen insbesondere auf den Umstand, dass dem geschäftserfahrenen Münzhändler die deutlich ungewöhnlichen Gesamtumstände dieser An- und Verkäufe bzw. das ungewöhnliche Geschäftsgebaren der Gegenseite aufgefallen sein muss. Das Strafverfahren zeigt aber deutlich, dass bei solchen Anschuldigungen bereits auf der steuerlichen Seite gegenüber den Finanzbehörden eine Vertretung/Verteidigung durch Fachanwälte für Steuerrecht angeraten ist, da sich die Strafgericht an den steuerlichen Ergebnissen orientieren (müssen).Weitere Beiträge...
Steuerrecht "aus dem Leben"
Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
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