BVerfG: Vollstreckung ausländischer Steuerschulden in Deutschland
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 23. Mai 2019, 1 BvR 1724/18, einen Antrag eines deutschen Steuerpflichtigen auf Vollstreckungsschutz gegen Steuerforderungen aus Griechenland "zurückgewiesen". Der Steuerpflichtige war Geschäftsführer einer in Griechenland tätigen Gesellschaft. Nach einer Betriebsprüfung stellten die griechischen Behörden im Jahr 2008 Steuernachforderung in Höhe von insgesamt ca. 35 Millionen(!) Euro. Gegen den deutschen Steuerpflichtigen beantragten die griechischen Behörden beim Finanzamt Euskirchen die Durchführung von Pfändungsmaßnahmen. Sämtliche von dem deutschen Steuerpflichtigen hiergegen eingelegte Anträge auf Eilrechtsschutz (beim FG Köln) scheiterten jedoch - in letzter Instanz nunmehr vor dem BVerfG. Das BVerfG wies verschiedene Argumente des Antragstellers zurück, insbesondere sei es nicht zwingend erforderlich, dass dem Antragsteller selbst ein Haftungsbescheid zugestellt werde. Dies sei im deutschen Abgabenrecht zwar vorgeschrieben, nicht jedoch im griechischen Steuerrecht. Da der Antragsteller zudem Kenntnis von einem Steuerstrafverfahren und (über Umwegen) auch Kenntnis von dem Ausgangssteuerbescheid gehabt habe, hat/hätte er die Möglichkeit in Griechenland gegen die Steuerforderungen gerichtlich vorzugehen. Ferner sei nicht davon auszugehen, dass das griechische Rechtssystem derart "ungenügend" sei, dass der Antragsteller in Griechland rein faktisch ohne Rechtsschutz sei.BAG: Arbeitnehmer haftet für fehlerhaftes Fahrtenbuch
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 17.10.2018 entschieden, dass ein Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber für steuerliche Nachteile aus einem fehlerhaft geführten Fahrtenbuch haftet. Der Arbeitnehmer hatte einen Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt bekommen. In steuerlicher Hinsicht wurde statt der 1%-Regelung auf Wunsch des AN die Fahrtenbuchmethode gewählt. Wie das Finanzamt später feststellte, wurde das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß geführt. Das Finanzamt forderte vom Arbeitgeber daher zusätzliche Lohnsteuer auf Basis der 1%-Regelung nach. Der Arbeitgeber führte die Lohnsteuer ab und verrechnete entsprechend hohe Beträge gegen einen Abfindungsanspruch des AN. Das BAG hat diese Vorgehensweise gebilligt, insbesondere ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den AN auf eventuelle Fehler bei der Führung des Fahrtenbuches hinzuweisen. Die ordnungsgemäße Führung des Fahrtenbuches obliegt allein dem AN.Zu geringe Strafe bei Steuerhinterziehung: BGH hebt Urteil auf
2 Jahre auf Bewährung + EUR 500.000,-- Geldauflage bei einem Steuerschaden von ca. EUR 6 Mio – das war dem Bundesgerichtshof deutlich zu gering! In einem am 02.05.2019 veröffentlichten Urteil hat der BGH daher das Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur Festsetzung einer neuen (höheren!) Strafe an das Landgericht zurückverwiesen. Der sehr vermögenden Täter hatte über Jahre Zinseinkünfte in sechsstelliger Höhe pro Jahr nicht in seiner Steuererklärungen angegeben. Insgesamt entstand aufgrund der Verschleierung mittels verschachtelter, ausländischer Briefkastenfirmen sogar ein „Gesamtschaden“ von EUR 16 Mio. Zwar hat der Täter den Schaden komplett(!) ausgeglichen, dennoch hielt der BGH die Strafe für zu gering und legte auch auf mehreren Seiten dar, dass dem Täter keine gesetzlichen Milderungsgründe zu Gute kommen. An zwei Stellen weist der BGH ausdrücklich darauf hin, dass „keine ungerechtfertigte Begünstigung des [Steuerhinterziehers] mit Bereicherungsvorsatz gegenüber sonstigen Tätern eintreten darf“. Das Urteil des BGH ist als nochmaliger Hinweis an die unteren Instanzgerichte zu verstehen, dass der BGH im Bereich der Steuerhinterziehung härtere Strafen „erwartet“.WICHTIGE Rechtsprechungsänderung im internationalen Steuerrecht
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 23.10.2018, I R 54/16, seine Rechtsprechung in einer wichtigen Frage des internationalen Steuerrechts „geändert“. Es geht um die Frage, ob die Anwesenheit + Tätigkeit eines Geschäftsführers (Vorstand, Directors etc.) einer ausländischen Kapitalgesellschaft in Deutschland zu einer (beschränkten) Steuerpflicht in Deutschland führt. Diskutiert wurde dies im Rahmen des § 13 Abgabenordnung (Vertreterbetriebsstätte). Nach bisheriger Ansicht wurde diese verneint, da ein Geschäftsführer (Vorstand, Director etc.) quasi die Gesellschaft selbst verkörpert – er ist nicht „bloßer“ Vertreter der Gesellschaft. Der BFH hat nun diese Ansicht verworfen: „Nach dem Zweck des Gesetzes und seinem Wortlaut können im Steuerrecht grundsätzlich auch solche Personen ständige Vertreter sein, die im Zivilrecht als Organe der Kapitalgesellschaft anzusehen sind.“ Die Entscheidung hat ENORME praktische Auswirkungen: Geschäftsführer ausländischer Kapitalgesellschaften sollten sich nach Möglichkeit nicht mehr dauerhaft in Deutschland aufhalten, anderenfalls droht ihren Gesellschaften die Steuerpflicht in Deutschland. Der BFH hat keine "Schonfrist" eingeräumt, d.h. die neue Rechtsprechung greift auch für zurückliegende Jahre! Eine sachkundige Beratung und Prüfung durch einen Fachanwalt für Steuerrecht ist daher auf jeden Fall angezeigt.BGH zur Wirkung der GmbH-Gesellschafterliste
Mit Urteil vom 20.11.2018 (II ZR 12/17) hat der Bundesgerichtshof seine Ansicht zum „Legitimations-Charakter“ der Gesellschafterliste nach § 16 Absatz 1 GmbH-Gesetz bekräftigt: Die Gesellschafterliste entfaltete eine quasi absolute Legitimationswirkung zu Gunsten der dort eingetragenen Personen. Diese Wirkung entfällt selbst dann nicht, wenn die Anteile zwischenzeitlich an eine andere Person übertragen worden sind oder die Anteile aufgrund eines (rechtmäßigen) Einziehungsbeschlusses untergegangen sind! Die in der Gesellschafterliste eingetragene Person kann trotz Verkauf/Verlust der Anteile weiterhin alle Gesellschafterrechte geltend machen, insbesondere bei Gesellschafterversammlungen abstimmen. Hieraus ergeben sich im Falle von Streitigkeiten der Gesellschafter untereinander erhebliche praktische Auswirkungen, welche nur durch fachkundige anwaltliche Beratung bewältigt werden können.Weitere Beiträge...
Steuerrecht "aus dem Leben"
Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des
- Steuerstrafrechts
- Internationalen Steurrechts
- Steuerstrafrechts in Wirtschaftsdelikten
- Steuerstrafrechts im Bereich der Prostitution
zusammengestellt.
Suche
Meistgelesen Beiträge
- Steuer-Symposium in Berlin: Die deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen
- BGH: 10jährige Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung auch "rückwirkend" anwendbar
- Steueroasen-CD: Deutschland bekommt nun doch die Daten
- Steuerfahndung NRW: 200 "Schweiz"-Selbstanzeigen im Monat
- Bankgeheimnis: Liechtenstein knickt ein
Die neuesten Beiträge
- Insolvenzhaftung des ehemaligen GmbH-Geschäftsführers
- Coronahilfen/Überbrückungshilfen und Subventionsbetrug
- Gesellschafter-Geschäftsführer und Sozialversicherung
- Verjährung im Steuer(straf)verfahren--Prüfungspflicht des Finanzgerichts
- BFH: Alte elektr. Kasse berechtigt nicht immer zur Schätzung
- Auskünfte über ausländische Konten verfassungsgemäß
- Keine vGA bei unklaren Einzahlungen des GmbH-Geschäftsführers
- Cum Ex erneut vor Verfassungsgericht
- NRW: Zentrale Steuerfahndungsbehörde nimmt Arbeit auf
- Internationales Steuerstrafrecht - Festschriftsbeitrag für Prof. Dr. Frotscher
- BGH: Vermögensabschöpfung auch bei verjährten Straftaten
- Hin-und-Her: BFH hält Säumniszuschläge für verfassungsgemäß
- Auslieferung aus der Schweiz wegen Steuerhinterziehung
- § 153 AO - Korrekturpflicht nach Betriebsprüfung und Steuerstrafrecht
- MOPEG – Das neue Gesellschaftsrecht der Personengesellschaft