Cum/Ex: Justizminister verbietet „Deals“

Laut Presseberichten vom 16.02.2020 hat der NRW-Justizminister gegenüber den Staatsanwaltschaften in NRW „angeordnet“, dass alle Cum/Ex-Strafverfahren vor einem öffentlichen Gericht verhandelt werden. Mit anderen Worten, die sowohl bei Beschuldigten als auch Staatsanwaltschaften beliebten „Deals“ (z.B. Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Geldauflage, § 153a StPO), die eine öffentliche Gerichtsverhandlung vermeiden sollen, wird es nicht geben. Alle Cum/Ex-Beteiligte müssen mit einer öffentlichen Verhandlung vor Gericht rechnen. Da die (ausländischen) Steuererstattungsanträge über das in Bonn ansässig Bundeszentralamt für Steuern liefen (=Tatort), dürfte ein Vielzahl der Cum/Ex-Verfahren in den Zuständigkeitsbereich des Landes Nordrhein-Westfalen fallen. Laut Pressemitteilungen soll das Landgericht Bonn bereits die Einrichtung von bis zu 10 neuen Strafkammern vorbereiten, welche hauptsächlich Cum/ex-Verfahren aburteilen sollen. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Beschuldigten frühzeitig mit erfahrenen Steuerstrafverteidigern über die weiteren Schritte beraten.

Finanzgericht: Cum/Cum-Aktiengeschäfte unzulässig

Nach den Urteilen zu Cum/Ex-Aktiengeschäften nehmen sich die Finanzgericht nunmehr die andere Spielart der Aktiengeschäften vor: Das Finanzgericht Hessen hat am 28.01.2020 entschieden, dass Cum/Cum-Aktiengeschäfte, welche von ausländischen Aktieninhabern vorgenommen werden, nicht "funktionieren", da es nicht zu einem Wechsel der Eigentümerstellung kommen. Das Finanzgericht stellt ferner fest, dass es sich im Grundsatz um missbräuchliche Steuergestaltungen im Sinne § 42 AO handelt. Dies hat zur Folge, dass diese Vorgänge in steuerlicher Hinsicht rückabzuwickeln sind - dies könnte zu Millionenbelastungen bei Banken führen. Das letzte Wort in dieser Sache wird aber wohl der Bundesfinanzhof haben.

BGH will Verjährung bei Schwarzarbeit (§ 266a StGB) begrenzen

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem Beschluss vom 13.11.2019 bei den anderen Strafsenaten des BGH angefragt, ob diese einer Änderung der Rechtsprechung zur Verjährung bei "Schwarzarbeit" (§ 266a StGB - Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt -) zustimmen. Nach bisher geltenden Rechtsprechung (zuletzt 2018 nochmal bestätigt) verjährt die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträge "offiziell" nach 5 bzw. 10 Jahren, rein faktisch jedoch erst nach 35 Jahre! Dies liegt daran, dass die STRAFrechtliche Verjährung erst dann beginnt, wenn die SOZIALversicherungsrechtliche Verjährung beendet ist, letztere Verjährung beläuft sich jedoch auf 30 Jahre. Bereits in der Vergangenheit ist diese Rechtsansicht vehement kritisiert worden, da eine 35jährige Verjährungsfrist in der Bereicht der "Schwerstkriminalität" gehört und nicht in den Bereich von Sozialversicherungsbetrug. Ferner führt das bisherige Modell die eigentlich vom Gesetzgeber für diese Fälle angeordnete Verjährung von 5 bzw. 10 Jahre ad absurdum. Sollten sich die anderen Strafsenate der Ansicht des BGH anschließen, so dürfte dies zu einer erheblichen Entschärfung im Bereich der Verurteilungen bei "Schwarzarbeit" führen. Dies dürfte ferner auch Auswirkungen auf das erneute Instrument der Vermögenseinziehung bei Straftaten haben, da die Gerichte nunmehr nicht so weit in die Vergangenheit "greifen" dürfen. AKTUALISIERUNG vom 28.07.2020: Bereits 2 Strafsenate haben sich der neuen Rechtsansicht des 1. Strafsenats angeschlossen - es scheint sicher, dass die Änderung der Rechtsprechung zur Verjährung kommen wird.

BVerfG: Kosten des Erststudium/-ausbildung steuerlich nicht abzugsfähig

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 10.01.2020 endgültig über die Streitfrage entschieden, ob Kosten des Erststudiums/-ausbildung steuerlich abzugsfähig sind: Das BVerfG verneint dies und hält deshalb die dementsprechende gesetzliche Regelung in § 9 Absatz 6 Einkommensteuergesetz (gültig ab 2004) für verfassungskonform. Nach Ansicht des BVerfG war der Gesetzgeber berechtigt mit § 9 Absatz 6 EStG diese Kosten als nichtabzugsfähig einzustufen, da dasErststudium/-ausbildung zum Teil auch "privat" veranlaßt ist und das Steuerrecht privat (mit)veranlasste Kosten im Grundsatz nicht zum Abzug zulässt.

BFH zu Haftung des GmbH-Geschäftsführer für Schulden

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 17.09.2019 entschieden, dass ein der vormalige Geschäftsführer einer insolventen GmbH für die Lohnsteuer in voller Höhe haftet, wenn diese widerspruchslos zu Insolvenztabelle festgestellt wird. Dies ist gilt jedoch nur insoweit, als der Geschäftsführer selbst als Gläubiger am Insolvenzverfahren beteiligt gewesen ist und die Möglichkeit gehabt hätte, gegen die Anmeldungen des Finanzamtes zur Insolvenztabelle Widerspruch einzulegen. Hat der Geschäftsführer dies jedoch versäumt und ist die Forderung des Finanzamtes festgestellt, so wirkt die Feststellung auch gegenüber dem Geschäftsführer wie ein Urteil (§ 178 Absatz 3 InsO). Der BFH stellt ferner (nochmals) klar, dass ein Geschäftsführer sich nicht auf seine (steuerliche) Unerfahrenheit oder Unvermögen, seinen GF-Aufgaben nachzukommen, berufen kann. Vielmehr hat der Geschäftsführer in diesen Fällen sein Geschäftsführeramt unverzüglich niederzulegen bzw. er hätte es schon gar nicht übernehmen sollen.

Steuerrecht "aus dem Leben"

Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des

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