BFH kippt Steuerprivileg für Karneval

Wer ausgelassen Karneval feiern möchte, ist im Rheinland bekanntlich bestens aufgehoben. An jeder Ecke wird geschunkelt, gefeiert und gelacht. Veranstalter von Karnevalsfeiern, die ihren Gästen nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent abnehmen, müssen allerdings aufpassen. Denn dann spielt das Finanzamt möglicherweise nicht mit. Und auch der Bundesfinanzhof (BFH) zeigte den Narren nun mitten in der heißen Phase der Session die lange Nase. Am 7. Februar 2017 entschieden die obersten Finanzrichter, dass der ermäßigte Steuersatz nur rechtmäßig sei, wenn die Veranstaltung genug Elemente der traditionellen Brauchtumspflege enthalte (Az.: V R 53/15). Und nicht jede Party sei automatisch Brauchtum. Anlass für die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist ein Kostümball, den ein eingetragener Karnevalsverein seit 1978 in Bergisch-Gladbach unter dem Titel „Nacht der Nächte“ feiert. Die Feier vereint sicher viele Elemente des typischen Karnevals. Die Gäste sind durch die Bank kostümiert, das Dreigestirn gibt sich die Ehre und zu Karnevalsmusik von Live-Bands oder vom DJ wird ausgelassen gefeiert. Der veranstaltende Verein, der sich u.a. die Pflege des karnevalistischen Brauchtums auf die Fahnen geschrieben hatte, sah sich hier ganz in der närrischen Tradition und verlangte nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent statt des Regelsteuersatzes von 19 Prozent. Da verstand das zuständige Finanzamt keinen Spaß. Es sah die Voraussetzungen für den ermäßigten Steuersatz nicht erfüllt. Nüchtern ausgedrückt sei die „Nacht der Nächte“ dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen und müsse mit 19 Prozent besteuert werden. Die Narren sahen das naturgemäß anders und die rechtliche Auseinandersetzung musste nun vom BFH entschieden werden. Der steckte nun enge Grenzen für die ausreichende Brauchtumspflege und die damit einhergehende Steuervergünstigung. Bunte Kostüme, Tänze und Musik reichten dazu jedenfalls nicht aus. Außerdem gebe es auch kommerzielle Veranstalter von Karnevalspartys, die auch nicht den ermäßigten Steuersatz beanspruchen können. „Für die Veranstalter wird der Grat zwischen traditioneller Brauchtumspflege und einer zeitgemäßen Veranstaltung, die ausreichend Publikum anzieht, durch diese Entscheidung noch schmaler. Im Zweifelsfall sollte zuvor fachliche steuerliche Expertise eingeholt werden, bevor es unangenehme Post vom Finanzamt gibt“, sagt der Kölner Rechtsanwalt Sebastian Korts, Fachanwalt für Steuerrecht.

Bundesregierung gegen Briefkastengesellschaften, Bankgeheimnis wird abgeschafft, Steuerhinterziehung wird verschärft

Am 26.01.2017 hat die Bundesregierung dem Gesetzesentwurf des „Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes – StUmgBG“ zugestimmt. Der Gesetzesentwurf wird nun dem Bundestag und dem Bundesrat zur Beratung und Abstimmung zugeleitet. Hauptziel des Gesetzes ist die Bekämpfung der Steuerumgehung durch Einschaltung von Briefkastenfirmen im Ausland. Das Gesetz will diesen Missstand auf mehreren Wegen eindämmen: *Erhöhte Transparenz bezüglich der Beteiligungsverhältnisse an ausländischen Gesellschaften *Erhöhte Mitwirkungspflichten für Steuerpflichtige und Banken *Erweiterte Ermittlungsbefugnisse der Steuerbehörden. Das Gesetz sieht zum Beispiel vor, dass § 30a der Abgabenordnung, welcher das (steuerliche) Bankgeheimnis regelt komplett gestrichen wird. Die Ermittlungsbehörden müssen zukünftig weniger Rücksicht auf das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunden nehmen. Die Voraussetzungen für das Stellen von Sammelauskunftsersuchen durch Ermittlungsbehörden werden klarer gefaßt. Damit soll mehr dieses Instrument der Sachverhaltsermittlung für die Ermittlungsbehörden einfacher zu handhaben sein und somit auch öfter und zielgerichteter eingesetzt werden. Um mehr Transparenz zu schaffen, werden die Mitteilungspflichten bezüglich der direkten oder indirekten Beteiligung an ausländischen Gesellschaften verschärft: So hat bereits ab einer Beteiligung von mehr als 10% ein Mitteilung an die deutschen Steuerbehörden zu erfolgen. Über der Steuerpflichtige direkt oder indirekt sogar einen beherrschenden Einfluss auf die ausländische Gesellschaft aus, so muss er dies gesondert anzeigen. Im Fall des Unterlassens der Anzeige drohen Bußgelder bis zu EUR 25.000,-- Bei dieser Gelegenheit verschärft die Bundesregierung die Regelung zur Steuerhinterziehung erheblich: Wird eine ausländische Briefkastengesellschaft genutzt, um die Steuerhinterziehung zu verschleiern, so gilt dies als „besonders schwerer Fall einer Steuerhinterziehung“. Die strafrechtliche Verjährung wird in diesem Fall von 5 auf 10 Jahre verlängert. Ferner ist in diesen Fällen keine strafbefreiende Selbstanzeige möglich!

Gesetz gegen Manipulation an Kassensystemen

Kurz vor Jahresende haben Bundestag und Bundesrat die Vorschriften bezüglich der Verwendung von elektronischen Kassen geändert bzw. verschärft. Wichtigster Regelungspunkt ist die ab dem 01.01.2020 geltende Verpflichtung zur Verwendung eines manipulationssicheren Kassensystems. Elektronische Kassen müssen zukünftig mit einem zertifizierten Sicherheitssystem ausgestattet sein, welches Manipulationen an den Kassen ausschließt. Die genauen Anforderungen an das Sicherheitssystem wird noch per Verordnung festgelegt werden. Die Kassenhersteller werden dann ihre Modelle von einer amtlichen Stelle zertifizieren lassen müssen. Um die Einhaltung der Verpflichtungen sicher zu stellen sind neue Ordnungswidrigkeitentatbestände geschaffen worden, die Bußgelder bis zu EUR 25.000,-- vorsehen. Schonfrist für „2010er-Altkassen“: Elektronische Kassensystem die nach dem 01.01.2010 angeschafft wurden und aus technischen Gründen nicht mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung aufgerüstet werden können dürfen bis zum 31.12.2022 verwendet werden. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Kassen den bis jetzt geltenden gesetzlichen Anforderungen (siehe hierzu BMF-Schreiben vom 26.11.2010) entsprechen. Weitere neue Regelung: Schon bisher galt, dass Aufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht, geordnet und unveränderbar vorzunehmen sind. Dieser Grundsatz wurde nun ausdrücklich im Gesetz niedergelegt. Auch das Prinzip, dass Kasseneinnahmen und –ausgaben täglich aufzuzeichnen sind, wurde nun ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen. Neu ist hingegen die Pflicht zur Ausgabe eines Beleges an den Kunden, unter bestimmten Voraussetzungen kann hierfür jedoch auf Antrag vom Finanzamt eine Befreiung erteilt werden. Weiter wurde eine Meldepflicht für neu angeschaffte bzw. bereits vorhandene elektronische Kassensysteme (mit zertifizierter Sicherheitseinrichtung, siehe nachfolgend) eingeführt. Ab dem 31.12.2017 können die Finanzämter gemäß dem neu geschaffenen § 146b AO eine sogenannte „Kassen-Nachschau“ durchführen; mithin also eine unangekündigte(!) Kontrolle der Einhaltung der für elektronische Kassensysteme geltenden Vorschriften.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte verwirft Beschwerde gegen Verwendung von Bankdaten-CD

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der über die Einhaltung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) wacht, hat die Beschwerde zweier deutscher Staatsangehöriger gegen die Durchsuchung ihrer Wohnung aufgrund von Erkenntnissen einer Daten-CD zurückgewiesen. Die Wohnung wurde im Jahre 2008 von der Steuerfahndung durchsucht, welche die Daten aus einer im Jahr 2006 von dem Bundesnachrichtendienst angekauften Bankdaten-CD ausgewertet hatte. Die CD enthielt Daten über Kunden einer Bank in Liechtenstein. Anhand der Auswertung bestand der Verdacht, dass die beiden Steuerpflichtigen aus dort befindlichen Kapitalanlagen Erträge erzielt hatten, welche sie nicht in ihren Steuererklärungen offen gelegt hatten. Im Jahr 2012 wurden die beiden Beschwerdeführer von dem Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen. Die Klagen gegen den Durchsuchungsbeschluß wurden allerdings von allen Gerichten, einschließlich dem Bundesverfassungsgericht, zurückgewiesen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte folgte nun in seiner Entscheidung vom 06.10.2016 in Grundzügen der Entscheidung der nationalen Gerichte: Auch wenn der Erwerb der Daten-CD rechtlich fragwürdig sei, so sei es noch vertretbar auf Basis dieser Daten eine Durchsuchung vorzunehmen, welche sodann unmittelbare Nachweise für den Tatvorwurf bringen könnten.

BGH: GmbH-Geschäftsführer haftet für Sozialversicherungsbeiträge (§ 266a StGB iVm § 823 BGB) nur bei nachgewiesenem Vorsatz

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 03. Mai 2016 die Voraussetzungen für eine Haftung des GmbH-Geschäftsführer (nochmals) klargestellt. Der Leitsatz der Entscheidung lautet: "Der Sozialversicherungsträger, der den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266a Abs. 1 StGB in Anspruch nimmt, trägt für den Vorsatz des Beklagten die Darlegungs- und Beweislast auch dann, wenn die objektive Pflichtwidrigkeit des beanstandeten Verhaltens feststeht." Der BGH hat sich damit gegen die Entscheidung der Vorinstanz gestellt, welche es als ausreichend für eine Inanspruchnahme angesehen hat, dass der Geschäftsführer nicht nachweisen konnte, dass er nicht auch bedingt vorsätzlich gehandelt hat. Diese Sichtweise führte jedoch faktisch zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Geschäftsführers.

England: Steuerberater sollen für Mandanten haften

Die derzeitige britische Regierung hat ein Konsultationspapier veröffentlicht, welches unter anderem die "Haftung" von Steuerberatern für unzulässige steuerliche Gestaltungen ihrer Mandanten vorsieht: Für den Fall, dass Steuersparmodelle von Gerichte für unzulässig verworfen werden, sollen die beratenden Steuerberater hierfür mit Geldstrafen bis zu 100% der erstrebten Steuerersparnis zur Verantwortung gezogen werden.

Steuerfahndung kann von Zeitung Sammelauskunft verlangen

Die Steuerfahndung darf von einem Zeitungsverlag die Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu den Auftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik verlangen, wenn dies zur Ermittlung von (vermuteten) Steuerausfällen im Rotlichtmilieu erforderlich erscheint und die wirtschaftliche Bedeutung der Anzeigen für die Zeitung vernachlässigbar ist. Zu dieser Feststellung ist der Bundesfinanzhof in einem aktuell veröffentlichten Urteil gelangt (Urteil vom 12.5.2016 II R 17/14). Die Steuerfahndung hatte von einem Zeitungsverlag die Herausgabe aller Personen- und Auftragsdaten zu einer bestimmten Rubrik von Kontaktanzeigen verlangt. Die Steuerfahndung ging davon aus, dass sich hinter den Kontaktanzeigen Anbieter entgeltlicher Prostitutionsdienstleistungen verbargen. Die Steuerfahndung wollte überprüfen, ob deren Umsätze steuerlich erfasst sind. Der Zeitungsverlag weigerte sich die Auskunft zu erteilen und verwies auf die im Grundgesetz geschützte Pressefreiheit. Der BFH verwarf dieses Argument mit der Begründung, dass die Pressefreiheit nicht grenzenlos sei. Zwar umfasse die Pressefreiheit auch den Anzeigenteil einer Zeitung, jedoch komme (sexuellen) Kontaktanzeigen keine meinungsbildende Wirkung zu; daher sei dieser Bereich nicht vom Kernbereich der Pressefreiheit erfasst und könne durch ein Gesetz in verhältnismäßiger Weise eingschränkt werden.

Gesetz gegen Manipulation von elektronischen Kassen beschlossen

Die Bundesregierung hat sich auf ein Gesetz gegen die Manipulation von elektronischen Kassen geeinigt. Elektronische Registrierkassen müssen über eine Sicherheitseinrichtung/Chip verfügen, welche eine Manipulation (Löschen oder Ändern von Eingaben) unmöglich machen bzw. diese Änderungen dokumentieren. Das Gesetz führt ferner eine „Kassen-Nachschau“ durch die Finanzbehörden ein. Dies soll die Finanzverwaltung in die Lage versetzen, „spontan“ vor Ort die korrekte Erfassung der Verkäufe über die Registrierkasse zu überprüfen. Verstöße gegen die korrekte Erfassung bzw. die Nutzung einer entsprechend ausgerüsteten Registrierkasse können mit Geldbußen bis zu EUR 25.000,-- belegt werden. Das Gesetz muss noch vom Bundestag beschlossen werden und soll ab dem 01.01.2020 gültig sein. Für „Altkassen“ gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2022, sofern diese bauartbedingt nicht mit einer Sicherheitseinrichtung aufgerüstet werden können. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bereits seit 2010 erhöhte Anforderungen für elektronische Kassensysteme gelten (BMF-Schreiben vom 26. November 2010) und alte Kassensystem, die diesen Anforderungen nicht entsprechen nur noch bis 31.12.2016 genutzt werden dürfen.

Österreich: Registrierkassenpflicht ist verfassungsgemäß, da dadurch Steuerhinterziehung bekämpft wird

In Österreich ist es ab dem 01.01.2016 Pflicht, ab einem bestimmten Umsatz sämtliche Barzahlungen mit einer elektronischen Registrierkasse bzw. eines sonstigen elektronischen Aufzeichnungssystems zu erfassen. Eine Modedesignerin, ein Taxiunternehmer und eine Schreinerei klagten gegen diese Verpflichtung vor dem Österreichischen Verfassungsgerichtshof, da sie diese Verpflichtung als einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Recht auf freie Berufs-/Erwerbsausübung ansahen. Der Östereichische Verfassungsgerichtshof wies jedoch alle Klage ab. Der Eingriff in die Freiheit der Erwerbsausübung sei gerechtfertigt (auch gegenüber Kleinunternehmer), da mit der Einführung der Registrierkassenpflicht die Gefahr der Steuerhinterziehung bei Bargeschäften eingedämmt werden soll. Die Bekämpfung der Steuerhinterziehung liege im öffentlichen Interesse. ERGÄNZUNG: Ab dem 01.01.2017 ist es in Österreich zudem vorgeschrieben, manipulationssichere Registrierkassen zu verwenden.

WICHTIG: BGH verschärft Rechtsprechung zur Steuerhinterziehung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Rechtsprechung zur Steuerhinterziehung mit einem am 05.02.2016 veröffentlichten Urteil erheblich verschärft! Nunmehr liegt in der Regel bereits ab einem Hinterziehungsvolumen von EUR 50.000,-- eine besonders schwere Steuerhinterziehung im Sinne § 370 Absatz 3 Nr. 1 AO (Strafrahmen: 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsentzug) vor. Nach seiner bisherigen Rechtsprechung lag ein "besonders schwerer Fall"bei einer unvollständige Steuererklärung die nur zu einer Gefährdung des Steueranspruchs führt, erst ab einem Betrag über EUR 100.000,- vor. Führten die unvollständigen Angaben des Steuerhinterziehers zu einer "Auszahlung" oder Rückerstattung an ihn, so lag ein besonders schwerer Fall bereits ab EUR 50.000,-- vor. Rein faktisch galt damit für Privatpersonen und kleinere Unternehmer die Schwelle von EUR 100.000,--. Nunmehr hat der BGH diese Differenzierung AUSDRÜCKLICH aufgegeben: Jede Steuerhinterziehung gilt ab einer Höhe von EUR 50.000,-- als besonders schwerer Fall - ob es "nur" zu einer Gefährdung des Steueranspruchs oder einer Auszahlung kommt, ist nicht mehr ausschlaggebend. Der BGH begründet seinen Rechtsprechungswechsel mit systematischen Erwägungen (Urteil vom 27.10.2015, 1 StR 373/15).

Präzedenzfall: Bundesverfassungsgericht contra EU-Haftbefehl

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat ein bedeutendes Urteil zum Verhältnis von deutschem Verfassungsrecht zu EU-Recht gefällt. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt in dem Urteil, dass EU-Recht in der Normhierachie im Grundsatz über dem deutschen Verfassungsrecht steht und daher Rechtsakte der EU nicht am Maßstab des Grundgesetzes überprüft bzw. für ungültig erklärt werden können. Allerdings bekräftigt das BVerfG in seinem Urteil auch seine Auffassung, dass die Verfassung der Bundesrepublik Soveränitäts(Kern)Bereich aufweisen, welche nicht auf die EU übertragen werden könnten und die damit in der Normhierachie neben bzw. über dem EU-Recht stehen. Dies gilt insbesondere für den in Artikel 1 GG niedergelegten Schutz der Menschenwürde und seine Ausprägungen in den verschiedenen Rechtsmaterien. Im Strafrecht sei z.B. der Grundsatz, dass niemand ohne bestraft werden darf, dessen Schuld nicht in einem rechtstaatlichen Verfahren geprüft und festgestellt worden ist. Kernbestandteil eines rechtstaatlichen (Straf)Verfahrens ist es, dass der Beschuldigte sich persönlich vor dem rechtsprechenden Gericht verteidigen kann. Verfahren/Urteile in Abwesenheit eines Beschuldigten sind daher nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. In dem vorliegenden Fall verwarf daher das BVerfG eine italienischen EU-Auslieferungshaftbefehl gegen einen in Deutschland ansässigen US-Staatsangehörigen, da der Haftbefehl auf einem italienischen Urteil beruhte, welches in Abwesenheit des Beschuldigten ergangen war. Hauptgrund für die negative Entscheidung des BVerfG war der Umstand, dass die italienischen Gerichte/Behörde nicht hinreichend deutlichen machen konnten, dass dem US-Bürger nach seiner Auslieferung von Deutschland nach Italien die Möglichkeit eines umfassenden Berufungsverfahrens eröffnet war.

FG Köln zu EU-Amtshilfe: Deutsche Behörden müssen Zwangsvollstreckungsersuchen des griechischen Fiskus über EUR 36 Mio gegen deutschen Geschäftsführer ohne eigene Prüfung Folge leisten

Das Finanzgericht Köln hat am 30.09.2015 (Az.: 14 K 2097/13) eine Entscheidung getroffen, die von nicht unerheblicher Tragweite für (ehemalige) Geschäftsführer griechischer Unternehmen sein dürfte: Nach griechischem Steuer - und Gesellschaftsrecht haftet der im Zeitpunkt einer Löschung wegen Insolvenz amtierende Geschäftsführer für die in diesem Zeitpunkt noch bestehenden Steuerschulden - unabhängig davon, aus welchen Jahren diese Steuerschulden herrühren und wann diese festgesetzt werden. In dem vorliegenden Fall machte der griechische Fiskus gegenüber einem in Deutschland ansässigen ehemaligen Geschäftsführer einer griechischen Aktiengesellschaft ausstehende Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer in Höhe von ca. EU 36 Mio. geltend. Die Forderungen resultierten aus einer Betriebsprüfung der griechischen Behörden, nachdem die griechisches AG Insolvenz angemeldet hatte. Bei der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die Buchführung der AG erheblich fehlerhaft war. Die Buchführung wurde daher verworfen und es wurden Schätzungsbescheide erlassen. Nachdem die AG in Griechenland aufgrund der Insolvenz über kein Vermögen mehr verfügte, beantragte der griechische Fiskus im Wege der EU-Amtshilfe (Richtlinie 2010/24/EU vom 16. März 2010)---in Deutschland umgesetzt durch EU-Beitreibungsgesetz - EUBeitrG---die Vollstreckung der Steuerforderungen durch die deutschen Behörden gegenüber dem deutschen Geschäftsführer. Nachdem das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn gegenüber dem Geschäftsführer die Beitreibung der Steuerforderungen angekündigt hatten, erhob dieser Klage vor dem FG Köln. Das FG Köln wies diese Klage als unzulässig ab, da es die deutschen Behörden für verpflichtet hält, einem Beitreibungsersuchen eines anderen EU-Staates Folge zu leisten, ohne dessen inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen (in diese Richtung auch: BFH Urteil vom 24.02.2015 - VII R 1/14). TatbestandAuf den Umstand, dass der Geschäftsführer des Unternehmens mitteilte, dass ihm im Rahmen der Betriebsprüfung in Griechenland angeboten worden sein soll, dadurch zu minimieren, dass er einen Teil der Nachzahlung als Bestechungsgeld an die Finanzbeamten zahlt ging das FG Köln ebensowenig ein, wie auf den hinlänglich bekannten Umstand, dass es sich bei Griechenland um einen nur "teilfunktionalen" Staat handelt.

Haftung des UG-Geschäftsführers für Steuerschulden

Entgegen einer leider unter steuerjuristischen Laien sehr verbreiteten Ansicht, schützt eine UG/Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) den Geschäftsführer nicht immer vor einer Inanspruchnahme für Steuerschulden der Gesellschaft. Exemplarisch führt dies eine Entscheidung des Verwaltungsgericht Koblenz vom 13.11.2015 vor Augen: Die Klage einer Geschäftsführerin einer insolventen UG gegen einen Haftungsbescheid für von der UG nicht gezahlte Gewerbesteuer. Das Verwaltungsgericht verwarf alle Einwände der Geschäftsführerin. Allerdings hatte sich die Geschäftsführerin bei der Vertretung der UG sehr "ungeschickt" angestellt: In den drei Jahren der Existenz der UG ließ die Geschäftsführerin keine Buchhaltung erstellen, gab keine Steuererklärungen ab und verweigerte auch nach Aufforderung durch das Finanzamt jegliche Mitwirkung. Nachdem das Finanzamt Schätzungsbescheide erlassen hatte, legte die Geschäftsführerin zwar Einspruch ein, zog diese Einsprüche später aber wieder zurück. Die UG fiel zwischenzeitlich in die Insolvenz. Die komplette Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten führte nun dazu, dass das Verwaltungsgericht den Haftungsdurchgriff auf die Geschäftsführerin für rechtmäßig erachtete. Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sollten sich unbedingt dann anwaltlich beraten lassen, wenn sich abzeichnet, dass ihre Gesellschaft in einer wirtschaftliche Schieflage gerät. Die anwaltliche Beratung kann hier vorbeugend eingreifen, um eine persönlichen Haftung für Steuerschulden der womöglich später insolvente Gesellschaft zu verhindern.

Riesen-Chaos bei Steuerfahndung des Saarlandes?!

Das Saarland ist seit vielen Jahren ein sogenanntes "Nehmerland" im System des Länderfinanzausgleichs, da seine eigenen Finanzmittel nicht ausreichend sind. Die Geldmittel, welche das Saarland erhält stammen aus den Steuerzahlungen der Steuerpflichtigen der anderen Bundesländer (Bayern und Baden-Württemberg) Nunmehr hat der Rechnungshof des Saarlandes festgestellt, dass von der saarländischen Steuerfahndung wohl seit über 3 Jahren hunderte von Verdachtsfällen, welche sich aus "Banken-CDs" ergeben haben, nicht verfolgt worden sind. Eventuell ist durch dieses Versäumnis in einigen Fällen bereits Verjährung eingetreten. Es drängt sich hier natürlich der Verdacht auf, dass die saarländische Finanzverwaltung die eigenen, saarländischen Steuerpflichtigen "mit Samthandschuhen" anfassen wollte. Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die Frage, ob die Strafverfolgung in anderen Bundesländern, die auf Erkenntnissen aus Banken-CDs stammen, noch "gerechtfertigt" sind, wenn in einem Bundesland diese Delikte offenkundig seit Jahren nicht bzw. faktisch nicht verfolgt werden.

EILMELDUNG: FG Niedersachsen setzt "Soli" aus

Der 7. Senat des Finanzgerichts Niedersachsen hat in einer erst heute bekannt gewordenen Entscheidung vom 22.09.2015 den Vollzug des Solidaritätszuschlages (vorläufig) ausgesetzt. Seit mehreren Jahren wird von verschiedenen Seiten die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages in Zweifel gezogen. Bereits im Jahr 2013 legte das FG Niedersachsen deshalb dem Bundesverfassungsgericht diese Frage zur Entscheidung vor. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu noch keine Entscheidung getroffen. *Trotz* des vor dem Bundesverfassungsgerichts laufenden Verfahrens, weigerten sich die Finanzämter (und auch die Finanzgerichte) von einer Erhebung des Solidaritätszuschlages abzusehen bzw. deren Vollzug auszusetzen. Hauptargument war unter anderem das Interesse des Gesamtstaates an einer geordneten Haushaltsführung, welche durch die (vorläufige) Aussetzung des Solidaritätszuschlages (Gesamtaufkommen pro Jahr ca. 13 Milliarden EUR), erheblich gefährdet wäre. Das FG Niedersachsen teilt diese Bedenken nicht bzw. nicht in dem befürchteten Ausmaß; das FG verweist insbesondere auf die derzeitigen Rekordsteuereinnahmen des Staates und die historisch niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt, welche eine günstige Refinanzierung ermöglichen.

BFH: Bestechungsgelder müssen versteuert werden

Erhält ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Beschäftigung von dritter Seite Bestechungsgelder, so unterliegen diese Zahlungen der Einkommensteuer als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG. Die Herausgabe der Bestechungsgelder an den geschädigten Arbeitgeber führt im Jahr der Herausgabe zu Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG. Können die Werbungskosten nicht vollständig "verrechnet" werden, so scheidet eine Verrechnung mit anderen Einkünften in diesem Jahr aus (Verbot des vertikaler Verlustausgleichs nach § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG). Der Steuerpflichtige kann diese Verluste nur mit positiven Einkünfte derselben Einkunftsart in anderen Veranlagungszeiträumen ausgleichen.

BFH: Abfindung nach Wegzug in die Schweiz nur dort steuerbar

Verzieht ein Arbeitnehmer von Deutschland in die Schweiz und erhält nach seinem Wegzug von seinem (ehemaligen) Arbeitgeber eine Abfindung aufgrund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, so ist diese Abfindung nur in der Schweiz zu versteuern und nicht in Deutschland. Es greift in diesem Fall die Regelung des Art. 15 Absatz 1 des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz, welche der Schweiz als Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht zuweist. Entscheidend ist, dass die Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird und nicht als "Entgelt" für in der Vergangenheit (in Deutschland) geleistete Arbeit anzusehen ist, es sich also gerade nicht um nachträglichen Arbeitslohn handelt. Eine ergänzende Vereinbarung zwischen Deutschland und der Schweiz aus dem Jahre 2010, welche einen "Kompromiss" zwischen den beiden Staaten hinsichtlich der Besteuerung von Abfindungen festlegte, erklärte der Bundesfinanzhof für nicht anwendbar.

FG Köln verbietet zwischenstaatlichen Informationsaustausch

Das Finanzgericht Köln hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss der deutschen Finanzverwaltung die Weitergabe von Informationen über ein Unternehmen an die Steuerverwaltung der Länder Australien, Kanada, Frankreich, Vereinigten Königreichs und Japan untersagt! Bei den Ländern handelt es sich um die sogenannte E-6-Länder, welche im Rahmen einer Initiative der OECD einen Aktionsplan zur Vermeidung der Steuerflucht von internationalen Konzernen vereinbarten haben. Auf Basis diese Aktionsplans wollen sich diese Staaten zuerst über die Strukturen internationaler Konzerne austauschen, um mögliche steuerliche "Schlupflöcher" zu erkennen. In dem konkreten Fall wollte das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn den E6-Ländern bestimmte Informationen über Aufbau und Struktur über einen ganz bestimmten Konzern zukommen lassen. Das FG Köln hat nun dieses Informationsaustausch (vorläufig) untersagt, da aus Sicht des FG Köln keine ausreichende Rechtsgrundlage für diese Art des Informationsaustausch bestehe und daher eine nicht gerechtfertigte Verletzung des Steuergeheimnisses vorliege. Die Rechtsnormen, auf welche sich die deutsche Finanzverwaltung stütze seien nur dann einschlägig, wenn dem Konzern "konkret" eine Steuerumgehung vorgeworfen werden könne. Überdies sei zu berücksichtigen, dass das Ausnutzen von zwischen den Staaten bestehenden Steuergefälle im Grundsatz nicht rechtswidrig sei.

Bundesverfassungsgericht: Beschwerderechte bei Durchsuchung von Geschäftsräumen bei Verdacht auf Steuerhinterziehung

Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich bestätigt, dass bei einer Durchsuchung von Geschäftsräumen neben dem betroffene Unternehmen auch dem von der Durchsuchung an seinem Arbeitsplatz betroffene Arbeitnehmer eine Beschwerdebefugnis gegen die Durchsuchungsanordnung zusteht. Voraussetzung ist allerdings, dass die Räumlichkeiten des Arbeitnehmers seiner persönlichen Privatsphäre zuzuordnen sind.***In einem weiteren Verfahren beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, wie genau die zu durchsuchende Gesellschaft in einem Durchsuchungsbeschluss bezeichnet werden muss. Das BVerfG bestätigte die Rechtsansicht der Beschwerdeführer, dass die Gesellschaft exakt, das heißt mit dem vollständigen Firmennamen, bezeichnet werden muss; insbesondere dann, wenn in demselben Bürogebäude mehrere (Tochter- oder Schwester)Firmen mit ähnlichen Firmennamen ihre Geschäftsräume haben.

Neue Steuerfalle? BFH zur Umsatzsteuerpflicht bei "privaten" Verkäufen über ebay

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich erneut mit der Frage beschäftigt, wann bei Verkäufen über ebay eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorliegt. In dem streitigen Fall hatte die Ehefrau über einen Zeitraum von 13 Monaten ca. 140 Pelze ihrer verstorbenen Schwiegermutter verkauft. Das Finanzamt hatte von diesen Verkäufen über eine anonyme Anzeige erfahren und die Verkaufserlöse nachträglich der Umsatzsteuer unterworfen. Die Ehefrau verweigerte die "Nachzahlung" der Umsatzsteuer mit dem Argument, dass es sich um den "privaten" Verkauf privater Vermögensgegenstände gehandelt habe. Das erstinstanzliche Finanzgericht gab der Ehefrau recht und entschied gegen das Finanzamt. Der Bundesfinanzhof hob die Entscheidung auf und gab dem Finanzamt recht: Zum einen stelle der Verkauf von 140 Pelzen über einen Zeitraum von 13 Monaten eine planmäßige Teilnahme am Wirtschaftsverkehr dar und sei daher Nachhaltig im Sinne des UStG. Zum anderen sei zu beachten, dass die Ehefrau bereits als freiberufliche Finanzdienstleisterin tätig war (und damit unstrittig Unternehmerin), vor dem Hintergrund neuerer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Mehrwertsteuersystem sei es sehr fraglich, ob solche Personen überhaupt noch "private" Verkäufe, welche nicht der Umsatzsteuer unterfallen vornehmen können - allenfalls wohl nur noch Verkäufe in sehr geringem Umfang.

Steuerrecht "aus dem Leben"

Steuerrecht ist in der konkreten Anwendung superspannend. Für Interessierte (nicht nur Kollegen) haben wir eine sytematische Zusammenstellung des

- Steuerstrafrechts
- Internationalen Steurrechts
- Steuerstrafrechts in Wirtschaftsdelikten
- Steuerstrafrechts im Bereich der Prostitution
zusammengestellt.

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